Innovation

Notunterkünfte im Kt. Zürich -"Wo recht zum Unrecht wird"

Tuesday, 12. February 2019

Posted by Stimmen der neuen Schweiz

 

Notunterkunft im Kanton Zürich.

In den sozialen Medien kursiert seit Wochen ein Video, das die Situation in den sogenannten Notunterkünften für abgewiesene Geflüchtete im Kanton Zürich dokumentiert. Im Video prangern die MacherInnen des Videos die unhaltbaren Zustände dieses Unterbringungstyps an und haben eine Petition lanciert, die die Schliessung dieser Unterkünfte fordert. Wir haben mit den Verantwortlichen des Videos über ihre Motive und Forderungen, aber auch über die Situation der Menschen in den Unterkünften gesprochen.

Wer sind die Köpfe, das Kollektiv, die Organisation hinter diesem Video?
Hinter dem Video „NUK! Wo Unrecht zu Recht wird…“ steht die Gruppe „keinegrenzeseebach“, die auch Teil des Bündnis „Wo Unrecht zu Recht wird…“ ist. Die Gruppe entstand 2012, als in Zürich-Seebach gegen ein geplantes Wohnheim für Asylsuchende massiv Stimmung von AnwohnerInnen, aber auch der SVP und FDP gemacht wurde. Also gingen wir raus aus dem Kreisen 4 & 5 und fingen an, in Zürich-Seebach auf der Strasse Flyer gegen rassistisches Verhalten zu verteilen. Da der gegnerische Rekurs gegen das Wohnheim bis vor Bundesgericht weitergezogen wurde, waren wir drei Jahre lang am Verteilen und haben in dieser Zeit viel mit den Menschen auf der Strasse gesprochen, Seebach ist ein extrem international durchmischtes Quartier. Zum Abschluss beteiligten wir uns dann noch an einem Willkommensfest, das verschiedene UnterstützerInnen aus dem Quartier organisiert hatten.

Warum habt ihr dieses Video gemacht?
Als Folge unserer Flyeraktion in Seebach wurden wir 2017 vom Bündnis „Wo Unrecht zu Recht wird…“ eingeladen, an einer Tagung einen Workshop zu Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen. An dieser Tagung erfuhren wir mehr über die unhaltbare Situation von abgewiesenen Geflüchtete und ihrer Situation in den Notunterkünften des Kantons Zürich. Wir haben uns diese Lager dann selber angesehen und waren entsetzt und empört von der Trostlosigkeit, der schäbigen Infrastruktur, der isolierten Lage und der schikanösen Behandlung. Dazu muss angemerkt werden, dass es das erklärte Ziel des Kantons Zürich und dem zuständigen Regierungsrat Mario Fehr ist, die dort lebenden Menschen mit diesen Mitteln zur Ausreise zu bewegen. Mario Fehr war diesbezüglich gegenüber den Medien sehr explizit. Aufgrund unserer Eindrücke kamen wir zum Schluss, dass es wichtig ist, die willentlich hergestellte Isolation zu durchbrechen und möglichst viele Leute über den nicht tolerierbaren Umgang mit Menschen zu informieren. Wir wollten darauf hinzuweisen, dass unter diesem Asylregime Verschiebungen in Richtung unmenschlicher Behandlung möglich werden, die die meisten Menschen in der Schweiz vermutlich nie für möglich gehalten hätten. Wir wollen also die Isolation durchbrechen und Solidarität herstellen. Ein Video erschien uns ein geeignetes Mittel.

Wie steht es um die Situation der Menschen in diesen Notunterkünften?
Das Migrationsregime stellt eine Situation grösster Intransparenz her. Die Lager sind abgelegen, an isolierten Orten, die hoheitsrechtliche kantonale Aufgabe wird an die private ORS AG, ausgelagert, die Verträge und deren Details sind nicht öffentlich einsehbar. Damit wird, neben den Einschränkungen mittels Gesetzen und Verordnungen, eine Grauzone hergestellt, in der Vieles möglich, aber niemand klar verantwortlich ist. Wir denken, dies ist exemplarisch für das Asylregime: möglichst schwer zugängliche Lager, so dass eine Kontrolle von aussen erschwert wird, und niemand das Elend drinnen wahrnehmen muss. Von einigen konkreten Details der Situation für die Geflüchteten erzählen wir im Video. Nebst den Schikanen und der aktiven Verelendungspolitik haben viele Menschen in den NUKs aber auch eine schwierige Fluchtgeschichte. Sie leiden unter Traumatas oder werden an diesen Orten zusätzlich traumatisiert, ohne die Möglichkeit einer spezifischen Behandlung. Viele leben zudem bereits seit Jahren unter diesen Bedingungen. Regelmässige Kontakt nach aussen sind infolge der Eingrenzungen und dem fehlenden Geld für Billette schwierig, Besuche müssen bewilligt werden und auch Kontakte mit Rechtsbeiständen sind erschwert. Ein detailliertes Bild der Lage zeichnet das Bündniss "Wo Unrecht zu recht wird..." auf ihrer Webseite.

Diese Notunterkünfte werden von privaten Firmen betreut und in Stand gehalten. Was sind die Folgen der Privatisierung der Unterbringung von Geflüchteten? Wer verdient daran?
Seit 2008 erhalten abgewiesene Asylsuchende keine Sozialhilfe mehr, sondern Nothilfe und die Möglichkeit, sich in sogenannten Notunterkünften (NUK) aufzuhalten. Der Kanton hat seine hoheitsrechtliche Aufgabe, für Menschen in Not angemessen zu sorgen, an eine private Organisation, die ORS AG, ausgelagert. Diese wurde 1992 von Willy Koch, der zuvor Generaldirektor der Personalvermittlungsfirma Adia (heute Adecco) war, gegründet. Seither hat sie sich von einer kleinen Firma zu einem Player im deutschsprachigen Raum für die Bereitstellung und Führung von Unterkünften für Geflüchtete entwickelt. Hinter ORS steht die britische Beteiligungsgesellschaft Equistone Partners Europe, in die unter anderem die kalifornische Lehrerpensionskasse und das ‘Amt für Soziale Sicherheit’ Saudiarabiens investiert sind. In der Schweiz ist die ORS AG zu einem wichtigen Konkurrenten von z.B. Caritas oder der Asylorganisation Zürich (AOZ) geworden und betreibt in vielen Kantonen Asylzentren, Empfangszentren etc. Im Gegensatz zu diesen nicht gewinnorientierten NGOs arbeitet die ORS auf Gewinnbasis - kurz, es werden Steuermittel eingesetzt, damit sie auf dem Rücken der prekarisiertesten Menschen privaten Gewinn machen können. Der Umsatz betrug 2017 66,6 Millionen Euro, der Gewinn 2,5 Millionen Euro.

Wie erlebt ihr die Solidarität aus der Gesellschaft?
Es gibt eigentlich eine grosse kollektive und individuelle Solidariät, wie das SPAZ (Sans Papier Anlaufstelle Zürich), die ASZ (Autonome Schule Zürich), die verschiedenen Asyl- und Flüchtlingsorganisationen, die Kirchen, es gibt Mittagstische etc. Dann – und die sind sehr wichtig – gibt es die familiären Netzwerke von Menschen mit Flucht- oder migrantischem Hintergrund, da läuft sehr viel, von dem wir nichts hören. Auf staatlicher Seite gibt es hingegen laufend weitere Verschärfungen, zudem ein immer ausgefeilteres und effizienteres Triagieren und Aussieben der Geflüchteten. In den in Kürze startenden neuen Bundesasylzentren findet der ganze Ablauf des Verfahrens „embedded“ statt: Unterkunft, Betreuung, rechtliche und medizinische Unterstützung. Kontrolle von aussen wird da schwierig werden, Isolation wird zum Prinzip dieses Asylregimes.

Was sind eure konkreten politischen Forderungen?
Wir sind Teil von zwei Kampagnen: “Wo Recht zu Unrecht wird“ und „Unterkünfte ohne Not“. Wir teilen und unterstützen deren Forderungen. Wir freuen uns, wenn möglichst viele auf die Infoseiten der beiden Kampagnen gehen und zudem das Video anschauen und weiterverbreiten.

 

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Diversity Unpacked – Kommentar zu einem schillernden Begriff

Wednesday, 14. September 2022

Posted by Asmaa Dehbi, Vorstandsmitglied INES

 

Zum vierten Mal wurden in Bern verschiedene Akteur:innen und Projekte im Bereich Diversität und Inklusion ausgezeichnet. (Bild: Sandra Blaser)

Diversity ist das Wort der Stunde und scheint Garant für eine gerechte und plurale Gesellschaft zu sein. Mit dem Erhalt des Swiss Diversity Awards in der Kategorie «Religion» nimmt die Preisträgerin und INES-Vorstandsmitglied Asmaa Dehbi eine kurze Einordnung des Diversitätsbegriffs vor.

Vor Gericht die Schweizer Migrationspolitik ändern? Eine Debatte über Möglichkeiten und Grenzen des Rechtswegs zur Erreichung politischer Fortschritte

Thursday, 19. May 2022

Posted by Fanny de Weck & Tarek Naguib

 

Fanny de Weck und Tarek Naguib diskutieren über die Möglichkeiten und Grenzen des Rechts im Kampf um ein Ausländer-, Asyl- und Bürgerrecht frei von Willkür und dafür mehr Gerechtigkeit. Dabei sind sie sich nicht immer einig, was mit einem Rechtsstreit vor Gericht erreicht werden kann und was nicht: wo seine Potenziale und wo seine Grenzen liegen? Letztlich geht es ihnen aber beiden darum, dass die Grund- und Menschenrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte und Rassismuserfahrung auch umgesetzt werden - und dafür muss gekämpft werden.

Antirassismus in the Making. Ein Werkstattgespräch zu Allianzen, Identitätspolitik und Intersektionalität

Saturday, 23. April 2022

Posted by Rahel El-Maawi, Rohit Jain, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib

 

Die Arbeit des Institut Neue Schweiz INES ist vom Wunsch geprägt, laufende Debatten zu Migration, Diversität und Antirassismus zu dokumentieren, verschiedene Ansätze in Austausch zu bringen und offene strategische Fragen zu diskutieren. Im folgenden Gespräch thematisieren Rahel El-Maawi, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib und Rohit Jain Fragen rund um Identitätspolitik, Repräsentation und Intersektionalität und verbinden diese miteinander. Ein Blogbeitrag in zwei Teilen. Zum Teil 2 des Gesprächs zu Antirassismus in the Making.

Wer sterben gelassen wird: Strukturelle Differenzierungen in der Pandemie

Friday, 25. February 2022

Posted by Tino Plümecke & Linda Supik

 

Der Anstieg der Todesfälle bei Menschen ohne Schweizer Pass ist mit 21,8 Prozent während des Pandemie-Jahres 2020 fast doppelt so hoch wie der von Menschen mit Schweizer Staatsangehörigkeit. Während die Sterberate bei Frauen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in den untersuchten Altersgruppen 45- bis 64-Jährige und 65- bis 74-Jährige leicht abnahmen, stiegen die Sterberaten bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Dies ergibt eine Auswertung der statistischen Daten des Bundes durch unsere Gastautor*innen Tino Plümecke und Linda Supik.

Einblick in die Vernissagen zum HANDBUCH NEUE SCHWEIZ - mit Ausblick ins kommende Jahr

Thursday, 23. December 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

In diesem letzten Blog-Beitrag im 2021 geben wir einen Einblick in die vier Vernissagen zum jüngst erschienenen HANDBUCH NEUE SCHWEIZ. Uns war es wichtig, Themen aufzugreifen, die das Institut Neue Schweiz INES auch im kommenden Jahr beschäftigen werden: ein neues Bürgerrecht, eine vielstimmige Bürger:innenschaft, diskriminierungsfreie Teilhabe und eine Schweiz, die für ihr globales Handeln Verantwortung übernimmt.

Handbuch #NeueSchweiz - für alle, die hier sind und noch kommen werden

Monday, 29. November 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Das HANDBUCH NEUE SCHWEIZ (Diaphanes Verlag) ist ab sofort im Buchhandel erhältlich - voller Migration, Vielfalt und Mehrfachzugehörigkeit. Es schafft eine vielstimmige Plattform, die zum Nachdenken, zum Gespräch und zur Diskussion einladen möchte - und die vor allem Mut machen soll: solidarisch und selbstkritisch. Wer sich ein Bild machen möchte, kann hier die Einleitung lesen.

Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte

Friday, 10. September 2021

Posted by Anisha Imhasly

 

Gruppenbild im Anschluss an die kulturpolitische Debatte, Gessnerallee Zürich, Juni 2021

An einem Samstagnachmittag anfangs Juni fanden sich rund fünfzig Menschen in der Gessnerallee Zürich ein, um auf Einladung von INES unter dem Titel „Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte“ zu erfahren, wie es um diese Vielfalt in der Kultur bestellt ist. Dies vor dem Hintergrund eines zentralen Anliegens seitens INES: Nämlich, dass sich die demografische Realität der Schweiz in seinen Institutionen – etwa in Politik und Verwaltung, Recht, Medien, Bildung und Kultur – viel stärker abbilden muss. Was hier folgt, ist eine subjektive Einordnung der Diskussionen bzw. einige weiterführende Gedanken zum Thema.

In der Schweiz Zuhause – ausgeschafft in ein fremdes Land

Sunday, 30. May 2021

Posted by Institut Neue Schweiz und Demokratische Juristinnen und Juristen Zürich

 

Babak Fargahi, Rechtsanwalt

In der Schweiz können seit je her Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, ausgeschafft werden. Nur weil sie den Schweizer Pass nicht besitzen. Mit Annahme der Ausschaffungsinitiative und Verschärfungen im Bürgerrecht hat sich die Situation noch mehr verschlechtert. Rechtsanwalt Babak Fargahi, Filmhistorikerin Marcy Goldberg, Buket Bicer-Zimmermann, Schwester eines in die Türkei ausgeschafften Secondo, und Ständerat Paul Rechsteiner haben am 24. Mai 2021 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kosmopolitics über diese Missstände gesprochen. Hier kann das Video angesehen werden.

OPEN LETTER TO THE FEDERAL COUNCIL

Friday, 1. May 2020

Posted by INES Institute New Switzerland

 

ECONOMIC NEEDS IN TIMES OF THE CORONA CRISIS MUST NOT ENDANGER RESIDENCE STATUS AND NATURALISATIONS - LET US SHOW SOLIDARITY HERE, TOO!

The corona pandemic is not only a health crisis, but also a social and economic crisis. Many people are threatened by unemployment, will be dependent on social welfare and will have to take on debts, also in Switzerland. The financial and social implications of this are massive, and so are the legal consequences – something many people are unaware of. In decisions on residence status and naturalisation, one of the decisive factors is 'economic integration'. The corona pandemic is therefore a potential existential threat to many people: A quarter of the resident population does not have Swiss citizenship, but supports and helps shape the country on a daily basis.

Arbeitspapier Baustelle Demokratie

Monday, 16. January 2023

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Eine Runde der Schweizer Think-Tanks und Foresight Organisationen ist 2022 zusammengekommen, um über die Herausforderungen für die Demokratie zu diskturieren. Das Treffen fand auf Einladung der Stiftung Mercator Schweiz und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft statt. Ziel war es, offensichtliche wie verborgene Entwicklungen zusammenzutragen sowie konkrete Massnahmen zur Stärkung und Entwicklung der Demokratie der Schweiz zu identifizieren.

Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung

Friday, 30. June 2023

Posted by Tarek Naguib

 

Quelle: Aktion Vierviertel

Um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, braucht es laut INES eine verfassungsrechtliche Regelung, welche ein Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Gleichstellung verlangt. In diesem Sinne entwickelte INES-Co-Geschäftsleiter und Jurist Tarek Naguib eine Vorlage für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung.

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