Blog

Profiling und Rassismus im Kontext Sexarbeit: Overpoliced and Underprotected

Thursday, 13. June 2019

Posted by Serena O. Dankwa und Christa Ammann Mitarbeit und Vorwort von Jovita dos Santos Pinto

 

©FIZ

Das neuerschienene Buch „Racial Profiling - Struktureller Rassismus und antirassistischer Widerstand“ versammelt wissenschaftliche, künstlerische und aktivistische Beiträge zu den gesellschaftlichen Hintergründen und Wirkungsweisen von Racial Profiling und den Möglichkeiten eines intersektionalen antirassistischen Widerstands. Dabei liegt der Fokus auf der Schweiz, ergänzt durch Perspektiven von Autorinnen, die mit dem deutschen Kontext vertraut sind. Alle Artikel des Buches sind hier frei zugänglich. Die Vernissage zum Buch findet am 29. Mai 2019 im Tojo Theater in Bern statt. Auf diesem Blog wollen wir drei Texte aus dem Buch veröffentlichen und auch der INES-Community zur Verfügung stellen. Die Texte erscheinen mit freundlicher Genehmigung der Herausgeberinnen (Mohamed Wa Baile, Serena O. Dankwa, Tarek Naguib, Patricia Purtschert, Sarah Schilliger) und der jeweiligen AutorInnen.

Heute: PROFILING UND RASSISMUS IM KONTEXT SEXARBEIT: OVERPOLICED AND UNDERPROTECTED

»We are always already sexually free, insatiable, ready to go, freaky, dirty, and by consequence, unrapeable«, schrieb das afroamerikanische Crunk Feminist Collective, adressiert an die in ihren Augen weiße Slutwalk-Bewegung. Während die patriarchale Unterscheidung zwischen »Heiligen und Huren« einen Rahmen bildete, um weiße Weiblichkeit zu konturieren, seien Frauen of Colour historisch immer schon als Gegenstück weißer bürgerlicher Weiblichkeit konstruiert worden: Als hypersexuell taxiert, galten ihre Körper als frei zugänglich für sexualisierte Übergriffe. Für Schwarze Frauen bedeute das Ringen mit Sexualität, einen Raum der Anerkennung zu finden zwischen einer übermäßigen Sichtbarkeit als »Huren« (»Hoochies« oder »Skanks«) und einer Unsichtbarmachung aufgrund einer »Politik des Anstands« in Schwarzen Gemeinschaften, die vermittelt, es sei besser und sicherer, »Ehrbarkeit« zu simulieren und ein eigenes sexuelles Begehren zu verbergen.

Für diese Menschen habe das Bild der »Heiligen« folglich nie richtig zur Verfügung gestanden. Und die Aneignung des Begriffs »Slut« stelle für sie keine spielerische Emanzipationstaktik dar. Das Crunk Feminist Collective ist eine von vielen feministischen Plattformen und Organisationen, die eine antirassistische Kritik am Slutwalk formulierten, weil die gesellschaftliche Positionierung von Frauen of Colour nicht mitgedacht worden war. Bilder von Frauen of Colour als promisk, »heißblütig« oder sexuell gefügig situieren Frauen of Colour historisch am Rand des gesellschaftlich Akzeptablen und lassen sie auch in der Schweiz als von vornherein suspekt erscheinen. Das zeigt sich im nachfolgenden Gespräch, das unter anderem der Normalität von Polizeikontrollen im Kontext von Sexarbeit nachgeht, beispielsweise Kontrollen in sogenannten Thai-Massagesalons (die sexuelle Dienste anbieten oder nicht) oder von Schwarzen Frauen (Sexarbeitenden oder nicht) auf der Straße.

Durch die beeindruckende Arbeit der Allianz gegen Racial Profiling ist Racial Profiling zu einem Begriff geworden, der in der breiten Schweizer Öffenlichkeit bekannt ist. Und obwohl die Allianz um eine Auseinandersetzung entlang unterschiedlicher Diskriminierungsachsen bemüht ist, fokussiert die mediale Öffentlichkeit auf Männer of Colour. Racial Profiling in der Sexarbeit als polizeilich besonders überwachtem Arbeitssektor, in dem Cis- und Trans*frauen überdurchschnittlich vertreten sind, verläuft jedoch entlang von spezifischen Praktiken, die sich mit jenen vom bekannteren Verdacht auf Drogen- und Aufenthaltskriminalität nicht immer decken. Das unten folgende Gespräch ist der Versuch, diesen spezifischen Mechanismen und Logiken nachzugehen und somit den Blick auf Racial Profiling zu erweitern. Die Kampagne der Zürcher Frauenzentrale im Sommer 2018 »Für eine Schweiz ohne Freier. Stopp Prostitution«, die davon ausgeht, dass Sexarbeit in ihren Prämissen frauenfeindlich ist, hat eine lange feministische Debatte um Sexarbeit wieder aufgeworfen. NGOs, die mit Sexarbeitenden arbeiten, sich für bessere Arbeitsbedingungen derselben und gegen Zwang, Ausbeutung und Menschenhandel einsetzen, haben mit einem breit gestützten Gegenappell reagiert: Sexarbeit ist Arbeit. Für Gleichstellung braucht es bessere Arbeitsbedingungen und erweiterte Räume der Selbstbestimmung.

Das unten folgende Gespräch zwischen Christa Ammann (Leiterin der Fachstelle Sexarbeit Xenia) und Serena O. Dankwa (Mitarbeiterin der FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration), das ich begleitet habe (als Forscherin mit dem Schwerpunkt postkolonialer Feminismus), knüpft an diesen Gegenappell an. Es macht aber auch deutlich, dass Emanzipation, Befreiung und Selbstbestimmung in und über Sexarbeit nicht nur eine Auseinandersetzung mit der Kategorie Geschlecht oder Kapitalismus erforderlich macht, sondern auch mit Rassisierung, globalen Machtbeziehungen, Ökonomien des Begehrens und Schweizer Migrationsregimen.
Die koloniale Amnesie und das damit einhergehende Un-Wissen und Schweigen um strukturellen Rassismus schafft also auch im Bereich der Sexarbeit »eklatante Leerstellen«. Hinzu kommt, dass die Diskussion um dieses Gewerbe aufgrund des Stigmas, das damit einhergeht, in der breiten Gesellschaft oft mehr von Projektionen und Fantasien geprägt ist als von einer Auseinandersetzung mit den Personen, die in diesem Sektor ihre Lebensgrundlage bestreiten – eine Tendenz, die ich in der Vorbereitung und im Verlauf des Gesprächs auch immer wieder an mir selbst festgestellt habe.

Im Gespräch unter Schwarzen Frauen, das in diesem Buch abgedruckt ist, wird deutlich, dass die Objektivierung von Frauen of Colour als sexotische Objekte nicht auf die USA beschränkt ist. Die Gesprächsteilnehmerinnen berichten von der Alltäglichkeit, mit denen sie sexualisierenden Blicken, Anmachen und Übergriffen ausgesetzt sind, die sie als verfügbare sexotische Objekte fixieren und für die sie immer wieder Strategien entwickeln müssen, um sich jenseits von diesen kontrollierenden Bildern zu verorten. Dies habe zum Beispiel auch zur Folge gehabt, dass sie sich bemühten, abends auf der Straße nicht mit Schwarzen Sexarbeiterinnen verwechselt zu werden.
In diesen Passagen zeigt sich ein Unbehagen damit, dass eine solche Reaktion auch als Abgrenzung zu Sexarbeiterinnen verstanden werden könnte. Dieses Unbehagen verweist auf einen Mangel an bewussten Techniken, wenn es darum geht, der Gleichsetzung des eigenen Schwarzen Frauenkörpers mit Sexualobjekten entgegenzutreten, ohne die Befürchtung, dass dafür eine Schwarzfeministisch Solidarisierung mit sozial marginalisierteren Sexarbeiterinnen aufgegeben oder unsichtbar gemacht wird.

Wie können wir für Sexarbeitende of Colour Verbündete sein? Das ist eine Frage, die nicht nur sozial besser situierte Schwarze Feminist*innen und Feminist*innen of Colour beschäftigen darf. Sie sollte vielmehr, wie dieses Vorwort deutlich machen will, im Zentrum jeglicher feministischer und rassismuskritischer Praxis stehen.
Dieses Gespräch erklärt nicht abschließend, wie struktureller Rassismus Sexarbeit in der Schweiz formt, vielmehr zeigt es, indem Christa und Serena als Aktivistinnen und Expertinnen ihr Wissen rassismuskritisch und feministisch befragen und reflektieren, viele bestehende Leerstellen auf. Es handelt sich bei ihren Ausführungen nicht um offizielle Positionen der NGOs, für die sie arbeiten, aber im besten Fall geben sie einen Anstoß dazu, neue Positionen zu entwickeln.

### Topographie von Sexarbeit und Bewilligungen

Serena:
In den wenigen Studien, die es zu Sexarbeit in der Schweiz gibt, etwa in der neuen Studie von Milena Chimienti und Marylène Lieber, wird betont, dass die Arbeitsfelder und die Orte, an denen Sexarbeit stattfindet, von unterschiedlichen Migrationsregimen dominiert und entsprechend rassisiert sind. Neben dem Straßenstrich, der ja nur noch 5 Prozent des gesamten Sexgewerbes in der Schweiz ausmacht, gibt es Saunas und Massageclubs, Kleinsalons und Großclubs, wo Menschen mit unterschiedlichen Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen arbeiten.
Christa, als Praktikerin aus der Beratungsarbeit, kannst du uns die wesentlichen Arbeitsorte mit ihren Spezifika schildern? Wie sind diese Arbeitsorte mit unterschiedlichen Migrationsregimen verschränkt?

Christa:
Ja, Sexarbeit findet an verschiedenen Orten statt. Einerseits gibt es die in der Regel sichtbarste Form, die Straßensexarbeit (outdoor). Dann gibt es die verschiedenen Arbeitsorte im Indoorbereich: Es gibt Sexarbeitende, die alleine bei sich zu Hause, solche, die in Hotels arbeiten, es gibt die sogenannten Kleinstsalons, wo sich zwei bis fünf Personen ein Studio oder eine Wohnung teilen, und dann gibt es auch noch die Großclubs mit 15 bis 40 Arbeitszimmern. Was in den Großclubs häufiger vorkommt, ist, dass Arbeitsverträge vorhanden sind, also dass die Personen nicht mehr selbstständig, sondern unselbstständig erwerbstätig sind. Ein weiterer Bereich ist der Begleitservice, die sogenannten Escorts. Als Escorts arbeiten vor allem Personen, die gute Sprachkenntnisse der Arbeitsregion haben oder zumindest Englisch sprechen. Cabarets gibt es immer weniger. Und ja, die Aufenthaltsbewilligungen haben einen Einfluss auf die Wahl des Arbeitsorts: Mit einer 90-Tage-Bewilligung kann ich beispielsweise keine eigene Wohnung mieten, ich kann nicht ein Hotel als Meldeadresse angeben, das heißt, ich bin auf bestehende Strukturen angewiesen. Illegalisierte Personen können in der Regel nicht an bewilligten Orten arbeiten, da dort regelmäßig Polizeikontrollen stattfinden. Ohne Arbeitserlaubnis ist dies zu riskant. Dennoch würde ich nicht sagen, dass es im Kanton Bern primär die Orte sind, die bestimmen, wer wo arbeitet, sondern dass oft dort gearbeitet wird, wo andere Personen mit derselben kulturellen oder nationalen Identität arbeiten oder gearbeitet haben. Die Sexarbeiterinnen* sind mit einer Arbeitskollegin* unterwegs oder haben von jemandem von einem Arbeitsplatz gehört – und der (Informations-)Austausch ist in der Muttersprache am einfachsten.
Aber klar, das Migrationsregime spielt auch eine Rolle: Vor 1992 erhielt eine Frau automatisch den Schweizerpass, wenn sie einen Schweizer heiratete. Heute kann man nach fünf Jahren Ehe ein Gesuch für eine erleichterte Einbürgerung stellen. Es gibt also eine Generation von Sexarbeiterinnen, die durch Heirat direkt den Schweizerpass erhalten haben. Das führt betreffend der Möglichkeit, einen eigenen Salon zu führen, zu Privilegien gegenüber den Personen, die keinen Schweizer Pass oder keine Niederlassungsbewilligung haben. Bei den mobileren Gruppen, die den Lebensmittelpunkt nicht in der Schweiz haben, ist zu beobachten, dass sie eher in den Großclubs anknüpfen oder dass, wenn es kleinere Salons sind, die Betreiber*innen (in der Regel weiblich) dieselbe Nationalität oder gute Kontakte in ein Herkunftsland haben.

Serena:
Sind sogenannte Kontaktbars ein mögliches Arbeitsfeld für Illegalisierte und Personen ohne Arbeitserlaubnis oder wird dort auch so streng kontrolliert wie in Großclubs?

Christa:
Ich denke, es ist schwieriger, in Kontaktbars Kontrollen durchzuführen. Wenn es nicht gerade zu einem Kundenkontakt kommt, gibt es keine Beweise, dass
eine Person nicht einfach Gast in der Bar ist und etwas trinkt. Anders ist es in Salons: Wenn die Polizei eine Kontrolle macht, wird davon ausgegangen, dass die anwesenden Personen arbeiten. Sexarbeiterinnen haben auch schon erzählt, dass sie Besuch hatten von Familie oder Freundinnen und es dann zu Problemen kam, weil
die Polizei davon ausging, dass jede anwesende Person auch arbeitete – selbst wenn sie zusammen in der Küche Kaffee tranken und niemand Arbeitskleidung trug. In der Regel sind gerade Kleinstsalons sowohl Lebens- wie auch Arbeitsort. Mit der geschilderten Kontrollpraxis kann also zu Hause kein Besuch empfangen werden.

Serena:
Bei der FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration stellen wir immer wieder fest: Je selbstständiger eine Frau im Sexgewerbe tätig ist, desto handlungsfähiger ist sie und desto besser geht es ihr in der Regel. So etwa in Kleinsalons, wo sich zum Beispiel zwei bis drei Frauen eine Wohnung oder ein Zimmer teilen. Aber die Hürden für eine Bewilligung zur Gründung eines Kleinsalons sind hoch und ohne die Unterstützung von teuren Anwältinnen, Treuhändern und Architektinnen sind die behördlichen Auflagen kaum zu bewältigen. Gerade das können sich die kleinen Betriebe nicht leisten. Dazu kommt, dass die Auflagen unübersichtlich sind und es große kantonale und kommunale Unterschiede gibt. In der Stadt Zürich gibt es eine Ausnahmebestimmung für Kleinstsalons mit bis zu zwei Sexarbeitenden. Sie brauchen keine Polizeibewilligung. Aber eine Baubewilligung brauchen sie trotzdem. Und mit der Einführung der Prostitutionsgewerbeverordnung geriet nicht zuletzt die Bau- und Zonenordnung ins Visier, welche die sexgewerbliche Nutzung in Wohnzonen verbietet. Neuerdings gibt es zwar auch da eine Ausnahmeregelung für Kleinstsalons. Diese können nun auch in Wohnzonen bewilligt werden. Trotzdem führte die neue Verordnung zu neuen Abhängigkeiten und mehr Kontrollen, auch durch
Beamte in Zivil. Selbstständige Sexarbeitende, die in ihrer Wohnung arbeiten, müssen plötzlich eine Baubewilligung vorweisen, nachdem sie schon lange am selben Ort gearbeitet haben, ohne dass sich die Nachbarschaft daran gestört hätte. Viele Kleinstsalons mussten als Folge davon schließen. Einige der Frauen* arbeiten nun in Großclubs. Dort werden ihnen zwar die nötigen Papiere organisiert, aber es kommt häufiger zu Verletzungen ihres Rechts auf Selbstbestimmung, etwa wenn erwartet wird, dass sie eine gewisse Anzahl Kunden bedienen, zu bestimmten Zeiten arbeiten oder bestimmte Praktiken anbieten. Sprich, es kommt zu Einschränkungen in der Selbstbestimmung, obwohl das die offiziellen Orte sind, die als die »sauberen Orte« für Sexarbeit gelten.

### Overpoliced

Serena:
Christa, in welchem Zusammenhang macht der Begriff Racial Profiling für dich Sinn, wenn wir über Sexarbeit sprechen?

Christa:
Ein mir bekannter Ausdruck von Racial Profiling ist, dass Thai-Massagesalons oft unter Generalverdacht stehen, Happy Ending anzubieten. Das heißt, es finden Kontrollen statt, weil davon ausgegangen wird, dass sexuelle Dienstleistungen angeboten werden. Das wird teilweise als verletzend erlebt, gerade auch von ehemaligen Sexarbeiter*innen, welche einen Berufswechsel gemacht haben und nun Massagen ohne Happy Ending anbieten. Auch Thai-Frauen, die nie in der Sexarbeit gearbeitet haben, erleben es als Diskriminierung, wenn aufgrund ihrer Herkunft angenommen wird, dass sie Sexarbeiterinnen seien. Die Realität ist: Es gibt Massagesalons mit den notwendigen Bewilligungen, um sexuelle Dienstleistungen anzubieten, es gibt Salons, die die Dienstleistung inoffiziell anbieten, und dann gibt es viele Thai-Massagesalons ohne Happy Ending. Und bei Letzteren sind die Vorurteile, auch teilweise seitens der Kunden, die das Gefühl haben, Happy Ending sei immer angeboten, am deutlichsten sichtbar.

Serena:
Polizeiliche Kontrollen rund um Sexarbeit haben eine Alltäglichkeit, die kaum je befragt wird. Und diese erweiterte Überwachung von Sexarbeitenden ist gekoppelt an die vielen Regulierungen. Das zeigt sich auch im Interview mit der Schwarzen Sexarbeiterin, die im Text »Die Kontrolle der ›Anderen‹« in diesem Buch zitiert wird.
Sie versteht es als eine Art »Schicksal« von Sexarbeiterinnen und findet es »normal«, dass sie ständig kontrolliert wird. So normal, dass sie sich schon gar nicht mehr daran stört. Aber sie empfindet es als diskriminierend, dass die Kontrollen bei ihr viel intensiver ausfallen als bei ihren weißen Kolleginnen

Christa:
Die Wahrnehmungen der Polizeikontrollen sind sehr divers. Wenn Sexarbeitende davon erzählen, wird deutlich, dass die erste Herausforderung darin besteht herauszufinden, wer eine Kontrolle gemacht hat. Viele wissen nicht, dass es verschiedene Zuständigkeiten gibt. Manchmal sagen die BeamtInnen nicht klar genug, wer sie sind. Die Sexarbeiter*innen trauen sich teilweise nicht zu fragen, wie die Personen heißen, wer sie sind und warum sie eine Kontrolle machen. Oder sie können sich den Namen wegen Stress, oder weil er für sie fremd klingt, nicht merken. Die Erfahrung zeigt, dass es wichtig ist, dass vonseiten der Polizei Kontinuität gewährleistet wird und möglichst immer dieselben Personen die Kontrollen durchführen. Die Kontrollen werden unterschiedlich erlebt:
Es gibt Sexarbeitende, die sie als unangenehm empfinden, weil sie befürchten, Kundschaft zu verlieren. Kontrollen suggerieren, dass etwas nicht stimmt, sonst müsste ja nicht kontrolliert werden. Es gibt auch Sexarbeitende, die finden, dass die Polizei ihre Arbeit macht und dass die Kontrollen normal sind. Sie haben sich an diesen Polizeikontakt gewöhnt. Andere empfinden die Kontrollen als Schutz: Die Polizei schaut, dass nur Personen arbeiten, die arbeiten dürfen, die Polizei informiert mich über die Regeln, wenn die Polizei weiß, wo ich arbeite, kann ich mich bei Problemen einfacher an die Polizei wenden. Andere äußern Frust, weil die Polizei nichts gegen die Missstände im Nachbarsalon macht, bei ihnen aber ständig kontrolliert wird. Die Wahrnehmungen sind also sehr divers. Ein anderes Thema, von dem wir im schweizweiten Netzwerk regelmäßig hören und das auch im Text »Die Kontrolle der ›Anderen‹« erwähnt wird, ist, dass mehrere Kontrollen am selben Tag stattfinden. Wenn keine Absprache besteht, kann es sein, dass die Fachstelle Rotlicht, die in zivil unterwegs ist, eine Kontrolle macht, dann macht eine Patrouille auf Streife eine Kontrolle oder jemand von der Gemeinde beziehungsweise die Gewerbepolizei kontrolliert auch noch. Das wird als unangenehm und störend empfunden. Da sind aber zumindest im Kanton Bern in den letzten Jahren Verbesserungen passiert: Es wird versucht, »Verbundskontrollen« durchzuführen, Kontrollen von den verschiedenen Behörden zusammen. Dadurch halten sich zwar viele Leute auf einmal an einem Arbeitsort auf, aber danach bleibt es länger ruhig. Wie ist die Erfahrung mit Kontrollen in Zürich?

Serena:
Ob die Kontrolltätigkeit der Polizei als Schutz wahrgenommen wird, hat auch damit zu tun, wie etabliert ein*e Sexarbeitende*r ist. Mir scheint, je etablierter eine Sexarbeiterin, desto eher äußert sie, dass Kontrollen einen Schutz darstellen können. Wie auf jedem Arbeitsmarkt gibt es Konkurrenz. Diejenigen, die keine Sozialabgaben bezahlen oder die Arbeitsstandards nicht einhalten und zu sogenannten Dumpingpreisen arbeiten, sind nicht gern gesehen. Aber grundsätzlich ist Sexarbeit eine derart stigmatisierte Tätigkeit, dass ein hohes Maß an Diskretion und möglichst wenig Kontrolle und Einmischung durch die Behörden für die meisten Sexarbeitenden zentral ist. Eine Ungarin, die die Schweiz aus aufenthaltsrechtlichen Gründen immer wieder verlassen muss, um legal arbeiten zu können, oder eine alleinerziehende Schweizerin, die befürchtet, der Ex-Mann könnte ihr das Sorgerecht für ihre Kinder streitig machen, wenn auskommt, dass sie sich mit Sexarbeit etwas dazu verdient, empfindet es nicht als Schutz, wenn sie von der Polizei registriert wird.

Hast Du den Eindruck, dass Sexarbeitende häufiger kontrolliert werden, wenn sie auf der Straße arbeiten und vermutet wird, dass sie aus Drittstaaten kommen? Wobei, wenn wir von Personen aus Drittstaaten reden, dann denken wir ja nicht nur an migrierte People of Colour, sondern zum Beispiel auch an Frauen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Gleichzeitig arbeiten auch Europäer*innen of Colour, Afro-Schweizer*innen, Rom*nja etc. im Sexgewerbe. Hat es in erster Linie mit dem Aufenthaltsstatus oder mit dem Körper, mit der Rassisierung einer Sexarbeitenden zu tun, ob und wie oft sie von der Polizei kontrolliert werden?

Christa:
Man kann durchaus feststellen, dass die Häufigkeit und die Art der Kontrolle je nach Aufenthaltsstatus und Arbeitsort anders sind. Personen, die in der Schweiz aufgewachsen sind und der Sexarbeit nachgehen, arbeiten oft privat, brauchen also keine Betriebsbewilligung, das heißt, es finden weniger Kontrollen statt. In der Regel sieht dann die Fachstelle Rotlicht das Inserat, besucht die einmal, und dann ist es erledigt. Kontrollen im Kanton Bern finden vor allem in den Etablissements mit Betriebsbewilligungen statt, wo mehrheitlich Personen ohne Schweizer Pass, aber mit einer Arbeitsbewilligung arbeiten und die MieterInnen häufig wechseln. Im Kanton Bern gibt es praktisch keine Straßensexarbeit. Aber vor einigen Jahren, nach der Schließung einer Kontaktbar in der unteren Altstadt, lag der Fokus der Anwohner*innen und der Kontrollen auf mutmaßlich nigerianischen Frauen. Also auf Frauen, die vermeintlich aussehen, als ob sie aus Drittstaaten kämen, und somit unerlaubt arbeiteten. Nicht nigerianisch aussehende Frauen konnten parallel dazu problemlos arbeiten: Weder die Nachbarschaft empörte sich, noch kam die Polizei auf die Idee, diese Frauen zu kontrollieren. Auch Schwarze Kolleginnen von mir wurden während dieser Zeit im Ausgang kontrolliert oder angesprochen. Die öffentliche, mediale Diskussion und die Polizeikontrollen verliefen klar anhand eines Profilings: Wer sich in der unteren Altstadt aufhielt, weiblich und Schwarz war, wurde verdächtigt, der Sexarbeit nachzugehen.

Serena:
Racial Profiling wirkt ja auch immer auf die Zuschauenden. Auch Freier kriegen mit, welche Sexarbeitenden im Fokus der Polizei stehen, wessen arbeits- oder migrationsrechtliche Situation prekär sein könnte. Wenn ich zum Beispiel vermute, dass eine Sexarbeiterin nicht die richtigen Papiere hat, dann gehe ich als Kund*in eher davon aus, dass ich den Preis runterdrücken könnte, ohne dass sich die Sexarbeiterin groß wehren wird. Kannst du etwas zu solchen Verflechtungen sagen?

Christa:
Ich denke, die Sexarbeitenden mit den prekärsten Arbeits- und Aufenthaltsbedingungen sind etwa gleich oft Kontrollen ausgesetzt wie ihre besser situierten Kolleg*innen. Aufgrund ihrer Situation fehlt ihnen jedoch die Möglichkeit, ihre Rechte wahrnehmen zu können, vor allem, wenn die Illegalisierung in den Vordergrund gerückt wird. Sie werden kontrolliert, können aber aufgrund ihres Status nicht sagen, dass sie am Arbeiten sind und entsprechend auch nichts (oder nur unter erschwerten Bedingungen) sagen, wenn sie ausgebeutet werden – von Kunden, die Preise drücken, oder durch Zuhälterei und Menschenhandel. Aufgrund der rassisierten Zuschreibungen wollen sich viele Frauen of Colour, die nicht in der Sexarbeit tätig sind, aber auch ehemalige Sexarbeiterinnen of Colour klar von der Sexarbeit abgrenzen.
Es ist ein Teufelskreis: sich abgrenzen zu müssen aufgrund von Erfahrungen mit Kontrollen, Zuschreibungen und des Stigmas – und dann trotzdem wieder eine Kontrolle zu erleben und als Sexarbeiterin gestempelt zu werden. Um auf die thailändischen ehemaligen Sexarbeiterinnen zurückzukommen: Viele von ihnen empfinden es als wahnsinnig schlimm, weil sie sich mit der Sexarbeit von all diesen Vorurteilen und Stigmata befreit und emanzipiert haben. Nun wird ihnen das abgesprochen und immer noch davon ausgegangen, »du kannst ja nur in der Sexarbeit tätig sein«

### … and underprotected

Serena:
In einer Studie, die sich unter anderem mit Polizeigewalt gegen Sexarbeitende in den USA beschäftigt hat, geht Andrea Ritchie so weit zu sagen, dass nicht Zuhälter oder Freier, sondern die Polizei die größte Quelle der Gewalt sei. Sie verletze die Integrität der Sexarbeitenden und mache sie vulnerabel für Ausbeutung. Ob dies in der Schweiz ähnlich ist, ist nicht erforscht. Tatsächlich werden stärkere Regulierungen im Sexgewerbe aber oftmals eingeführt mit der Begründung, dass Sexarbeiterinnen, und damit sind spezifisch die Frauen gemeint, vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden müssen. Denn wenn es um Menschenhandel in der Prostitution geht, wird oft so getan, als gäbe es im Sexgewerbe nur ausgebeutete Cis-Frauen: Männern und Trans*, und das sind europaweit mindestens 14 Prozent der Sexarbeitenden, wird viel eher zugestanden, dass sie gerne und selbstbestimmt erotische Dienstleistungen erbringen. Hingegen wenn eine Person weiblich und »Ausländerin« ist, wird argumentiert, sie sei ein Opfer und müsse geschützt werden. Aber wie sieht das mit dem Schutz tatsächlich aus? Zuvor hast du die Fachstelle Rotlicht erwähnt,
die spezialisierte Stelle der Kantonspolizei Bern. Ist sie vergleichbar mit der nichtrepressiven Milieuaufklärung der Stadtpolizei Zürich (MAK), die keine
ausländerrechtlichen Kontrollen durchführt, sondern in erster Linie Vertrauen zu den Sexarbeiterinnen aufzubauen versucht, um herauszufinden, ob Ausbeutung oder Zwang vorliegt? Fragt die Berner Fachstelle Rotlicht die Frauen auch, ob sie Schutz und Unterstützung brauchen?

Christa:
Bei den Kontrollen der Fachstelle steht der ausländerrechtliche Status, also die Frage nach einer Arbeitsbewilligung, im Vordergrund. EU-Bürgerinnen, die kontrolliert werden und keine Bewilligung haben oder noch auf diese warten, werden ermahnt oder im Wiederholungsfall gebüßt. Diejenigen, die keine Chance auf eine Arbeitsbewilligung haben, haben hingegen ein Problem, wenn ihnen bei einer Kontrolle nachgewiesen werden kann, dass sie am Arbeiten sind.
Das Berner Prostitutionsgewerbegesetz, das 2013 eingeführt wurde, soll 2020 von einer unabhängigen Stelle evaluiert werden. NGOs, Polizei und weitere Behörden sind sich einig, dass unklar ist, ob der Zweck des Schutzes vor Ausbeutung erfüllt wird. Aus meiner Erfahrung schützen die Kontrollen nicht vor Ausbeutung. Wenn die Arbeitsbedingungen schlecht sind oder wenn den Vermieter*innen irreguläres Geld abgegeben werden muss, das nicht vertraglich geregelt ist, wird das der Polizei nicht erzählt, sonst droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Regelmäßige Polizeikontrollen ändern selten etwas an den effektiven Arbeitsverhältnissen. Die Gesetzgebung und die Kontrolle der damit verbundenen Auflagen bewirkt vor allem, dass Sexarbeit eingegrenzt und weniger sichtbar wird oder scheinbar verschwindet. Aber das ist ja kein Schutz.

Serena:
Die Frage ist, was kontrolliert wird. Ich stimme mit dir überein, rein repressive, ausländerrechtliche Kontrollen, bei denen nach Sexarbeitenden ohne Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis gesucht wird, sind keine Schutzmaßnahme. Es braucht bei den Kontrollen einen Fokuswechsel. Nicht den Auftrag, nach »Illegalen« zu suchen, sondern zu kontrollieren, unter welchen Bedingungen die Sexarbeitenden tätig und ob sie von Ausbeutung betroffen sind. Dafür muss aber Vertrauen aufgebaut werden. Und das ist unrealistisch, wenn Sexarbeitende damit rechnen müssen, gebüßt oder ausgeschafft zu werden.

Das andere sind die hohen administrativen Hürden, die Bewilligungen, die es einzuholen gilt, um sexuelle Dienstleistungen legal und selbstständig anbieten zu können. Diese Auflagen werden zwar als Schutzmaßnahmen eingeführt, entpuppen sich in der Praxis aber vor allem als Kontrollinstrumente. Gemäß dieser behördlichen Logik gilt es, Auflagen für die legale Sexarbeit zu machen, anstelle die Sexarbeitenden mit Rechten auszustatten, die sie stärken und somit die effektivsten Schutzmaßnahmen darstellen würden.

Christa:
Die Hürden sind auch im Kanton Bern hoch und entsprechen derselben behördlichen Logik. Angefangen damit, dass die Merkblätter für »selbstständigerwerbende Prostituierte« zumindest online nur auf Deutsch und Französisch erhältlich sind. Wenn du eine Arbeitsbewilligung als Selbstständigerwerbende willst, musst du unter anderem einen sogenannten »Businessplan« vorlegen. Darin soll stehen, welche Dienstleistungen zu welchem Preis angeboten werden, wie hoch die Person ihr Einkommen einschätzt und wie viel sie ausgibt. Wenn jemand das erste Mal im Kanton Bern arbeitet, gibt es zusätzlich ein Interview, bei dem nochmals überprüft wird, ob die Person wirklich selbstständig ist. Dabei werden manchmal Fragen gestellt, von denen ich gerne wissen möchte, ob ein Arzt, der selbstständig in der Schweiz arbeiten will, auch solche Fragen beantworten muss. Zum Beispiel: »Wer kümmert sich denn um Ihre Kinder, wenn Sie in der Schweiz sind?« Welche Zuschreibungen spielen dort noch mit? Zudem haben wir festgestellt, dass durch das Gesetz neue Abhängigkeiten entstanden sind. Es ist ein neuer Geschäftszweig entstanden: Businesspläne werden für nicht wenig Geld angeboten. Geht es um Migrationspolitik, Vorurteile oder Schutz? Es gibt regionale Unterschiede und widersprüchliche Aussagen der BeamtInnen zum Beispiel bezüglich Krankenversicherung. Wie soll man sich da zurechtfinden?

Serena:
Ein weiteres Beispiel, das zeigt, wie mit Schutzargumenten Migrationspolitik gemacht wird, ist die Abschaffung des Tänzerinnen-Statuts. Dieses Statut war eine Bewilligung, die es Personen aus Drittstaaten ermöglichte, während maximal acht Monaten im Jahr in Cabarets in der Schweiz zu arbeiten. Im Zusammenhang mit dem Statut gab es auch einen Gesamtarbeitsvertrag, das heißt, es waren schweizweit dieselben Arbeitsbedingungen und Arbeitsverträge gültig. Die Cabarets sind dem Gastgewerbegesetz unterstellt, und das Statut erwähnte explizit, dass es nicht erlaubt sei, sexuelle Dienstleistungen anzubieten. Trotzdem war klar, dass dies an vielen Orten getan wurde. Das war schwierig zu kontrollieren. Die Behörden kritisierten dies, ebenso, dass die Tänzerinnen oft zum Alkoholkonsum animieren mussten. Mit dem Gesamtarbeitsvertrag war jedoch auch ein ArbeiterInnenschutz vorhanden, gegen die Nichteinhaltung konnte rechtlich vorgegangen werden: Vom Arbeitgeber nicht bezahlte Löhne oder AHV-Beiträge konnten eingefordert werden. Dies war für die Arbeitnehmerinnen arbeitsrechtlich eine gute Situation. Eingeführt wurde
das Statut ja auch, um die Tänzerinnen besser vor Ausbeutung zu schützen.

Christa:
Aber per Ende 2015 wurde es abgeschafft mit der Begründung, es erfülle seine Schutzwirkung nicht, da trotz Verbot sexuelle Dienstleistungen angeboten würden. Dies führte dazu, dass es seither für Personen aus Drittstaaten keine legale Möglichkeit mehr gibt, in der Schweiz in diesem Gewerbe zu arbeiten (außer man heiratet einen Schweizer oder jemanden mit C-Bewilligung). Überhaupt war es die letzte legale Möglichkeit für die Zulassung von sogenannt unqualifizierten Personen aus Drittstaaten. Mit der Abschaffung des Statuts wurde der arbeitsrechtliche Schutz ausgehöhlt. Vorher war klar: Wenn du ein Cabaret hast, musst du diesen Gesamtarbeitsvertrag anwenden, und damit war auch der Arbeitsschutz hinsichtlich Nachtarbeit, Versicherungsfragen und so weiter geregelt, überprüfbar und einklagbar. Die Abschaffung des Statuts hat die Arbeitsbedingungen enorm verschlechtert.

Serena:
Und viele Cabarets haben geschlossen, unter anderem, weil einige Betreiber, zumindest in Zürich, sagten, sie bräuchten »exotische« Frauen aus Drittstaaten, weil die Kundschaft dies wolle. Eine weitere Form der Rassisierung. Das finde ich schon auch bezeichnend, dass die Cabarets unter anderem aus migrationsrechtlichen Gründen schließen, weil – kapitalistisch ausgedrückt – das Angebot nicht mehr der Nachfrage entspricht, indem die Tänzerinnen nicht mehr der gewünschten »Exotik« entsprechen.

Christa:
Mit der Abschaffung des Statuts ist die Diversität kleiner geworden, weil keine Frauen aus Drittstaaten mehr angestellt werden konnten. Aber die Nachfrage nach Cabarets war schon vorher abnehmend. Es war ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren: leichterer Zugang zu erotischen Bildern und Pornografie übers Internet. Und eine von Cabaret-Besitzern in Bern geäußerte Hypothese ist, dass Personen des öffentlichen Lebens aus Angst vor Handy-Filmen nicht mehr in Cabarets gingen. Tatsache ist, dass bis Anfang der Nullerjahre die Cabarets viel Geld umsetzten und auch die Tänzerinnen teilweise viel verdienten und wertvolle Geschenke von Kunden
bekamen. Danach wurde das immer weniger. Mittlerweile gibt es, glaube ich, noch drei oder vier Cabarets im Kanton Bern. Die meisten Frauen aus Drittstaaten, mit denen wir Kontakt haben, haben AHV-Rückforderungsanträge gestellt und sind nach der Aufhebung in ihr Herkunftsland zurückgekehrt. Oder sie haben Möglichkeiten gefunden, einen EU-Pass zu bekommen, und arbeiten nun wieder in der Schweiz. Einige haben auch geschaut, dass sie einen Schweizer oder eine Person
mit C-Bewilligung heiraten können, als Alternative zur Sexarbeit und als Möglichkeit für die Aufenthaltsbewilligung.

Serena:
Und so wirst du dann vom Ehemann abhängig. Bei der FIZ haben wir auch festgestellt, dass Frauen heirateten, um legal in der Erotikbranche arbeiten zu können. Klar, das ist eine migrationspolitische Realität, in allen Branchen. Aber aus einer postkolonialen, feministischen Perspektive ist das eine Katastrophe. Auch als Ehefrauen in der Schweiz haben sie wenig Chancen, außerhalb der Sexarbeit ein eigenständiges Einkommen zu erzielen, um Geld nach Hause zu schicken. Viele Sexarbeitende haben Kinder und familiäre Verpflichtungen, denen sie nachkommen müssen.

Christa:
Aufgrund der Ausgangslage würde ich sagen: Der eigentliche Grund für die Abschaffung des Statuts war, dass die Schweiz keine legale Arbeitsmöglichkeit für unqualifizierte Personen aus Drittstaaten anbieten wollte. Wenn der Schutz der Grund gewesen wäre: Was ist dann mit dem Arbeitsschutz für Europäerinnen? Weshalb hat man nicht gesagt, dass der Gesamtarbeitsvertrag beibehalten werden muss?

### Rassisierte Ökonomie des Begehrens und Migrationspolitik

Serena:
Grundsätzlich fällt in den Debatten um Sexarbeit auf, dass Sexarbeiterinnen vor hundert Jahren als lasterhaft oder promisk galten, als fehlbare Individuen. Heute gelten sie als Opfer. Zumindest in Europa wird Frauenhandel als Argument für Prostitutionsverbote hergenommen. Und gerade im weißen Feminismus gibt es viele Stimmen, die nach einer prostitutionsfreien Gesellschaft rufen, in der Schweiz etwa die Kampagne der Zürcher Frauenzentrale. Daran gekoppelt ist das Bild der handlungsunfähigen, schutzbedürftigen »Prostituierten«, die nicht weiß, was gut für sie ist, und über deren hinweg dann Gesetze gemacht werden können. Diese haben Auflagen zur Folge, die längst nicht von allen Sexarbeitenden erfüllt werden können, und führen dazu, dass die vulnerabelsten unter ihnen illegalisiert werden und somit eher in Zwangs- und Abhängigkeitsverhältnisse geraten. Beim Thema Frauenhandel kommt dazu, dass in der Wahrnehmung nicht nur die Opfer, sondern auch die Täter und Täterinnen rassisierte »Andere« sind. Zum Beispiel wenn Romnja ausgebeutet werden: Da kommen kulturelle Zuschreibungen ins Spiel, das Bild patriarchaler Männer, die ihre Frauen unterdrücken und verkaufen, das sei bereits in der »Roma-Kultur« so angelegt, etwa in den »Brautmärkten«, wird dann behauptet. Statt dass die strukturellen Ursachen von Menschenhandel adressiert werden, die globalen Ungleichheitsverhältnisse, ist die Argumentation einmal mehr: Braune Frauen müssen vor ihren braunen Männern geschützt werden. Etablierte Schweizer Großbordellbesitzer hingegen kommen meist ungeschoren davon, obwohl laut Palermo Protokoll sämtliche Leute, die davon profitieren, dass ein Mensch ausgebeutet wird, mitschuldig sind. Dieses gegeneinander Ausspielen von Frauenrechten
versus patriarchalen Männern of Colour ist problematisch. Vor allem auch angesichts des institutionellen Rassismus, den diese Männer* erleben. Es führt oft dazu, dass sich Frauen of Colour vor der Wahl sehen, eine Form von Gewalt mit einer anderen zu tauschen. Beispielsweise wenn Afroamerikanerinnen gewalttätige (Schwarze) Ehemänner nicht anzeigen, weil sie sie nicht noch mehr Polizeigewalt aussetzen wollen und weil sie das stereotype Bild des gewalttätigen Schwarzen Mannes nicht bestätigen wollen.
Wir können davon ausgehen, dass sich Frauen in allen weißdominierten Gesellschaften, also auch der Schweiz, in einem solchen Dilemma wiederfinden. Hiesige Feministinnen, die sich für ein Sexkaufverbot oder für das schwedische Modell der Freierbestrafung aussprechen, interessiert es nicht, dass sich die meisten Sexarbeiterinnen – aus welchen Gründen und für wie lange auch immer – bewusst für diese Arbeit entschieden haben. Dann frage ich mich schon, ob es solchen Feministinnen wirklich um eine gleichberechtigte Gesellschaft geht oder ob vor allem ein eigenes emanzipiertes Selbst konstruiert werden soll – in Abgrenzung zu rückständigen »anderen« Frauen, womöglich aus dem Süden oder Osten.

Christa:
Für mich ist das auch ein Ausdruck davon, wo man diese Romnja, Ungarinnen etc. haben will, für welche Arbeit sie als gut genug angesehen werden: also Niedriglohnjobs. Es wird heute kaum mehr damit argumentiert, dass »diese Sexarbeiterinnen uns unseren Ehemann wegnehmen«, sondern man schützt sie neuerdings. Dabei geht es oft gar nicht ernsthaft um Jobalternativen, um nichtausbeutende Arbeitsbedingungen oder um die Aussicht auf ein gutes Einkommen. Um es am Beispiel von Frankreich oder Schweden zu verdeutlichen, wo immer wieder betont wird, dass man kein Problem mit den Sexarbeiterinnen habe, sondern nur mit den Kunden: Die Sexarbeiterinnen, die nicht Schwedinnen sind, werden aus Schweden abgeschoben, weil sie als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gesehen werden. Die kommen dann nicht mal in den »Genuss« der aufgestellten Umschulungsoder Rettungsprogramme. Das ist auch ein Ausdruck von rassistischer Politik, oder wahnsinnig repressiver Migrationspolitik.

Serena:
Und der Anteil der Sexarbeitenden ohne Schweizer Pass liegt irgendwo zwischen 75 und 85 Prozent. In Genf, wo es eine Meldepflicht für sämtliche Sexarbeitende gibt, liegt der Anteil der NichtschweizerInnen sogar bei 95 Prozent. Wobei das auch damit zusammenhängt, dass ein Register geführt wird, wo man sich beim Wegzug wieder abmelden muss, und daran denken eher Schweizer*innen als die Personen, die in ihr Herkunftsland zurückkehren. Zusätzlich ist Genf ein Grenzkanton und Frankreich hat vor wenigen Jahren die Freier kriminalisiert – was dazu führt, dass mehr Sexarbeitende aus Frankreich in Genf arbeiten.

Christa:
Historisch betrachtet sind Sexarbeitende immer migriert. Das hat mit der Stigmatisierung zu tun, dem Risiko, dass das Umfeld oder die Familie von der Tätigkeit erfährt. Früher war Bern–Zürich weit genug, oder vom Land in die Stadt zu ziehen. Das andere ist die praktische Frage danach, wo es die größte Chance auf einen guten Verdienst gibt in einer globalisierten Welt. Und die Zahlen haben natürlich auch mit den realen Möglichkeiten zu tun, wie man als Nichtschweizerin oder Nichteuropäerin in der Schweiz Geld verdienen kann. Aber ich denke auch, da die meisten Kontrollmechanismen auf Personen ohne Schweizer Pass ausgerichtet sind, zementiert sich ein bestimmtes Bild »der Sexarbeiterin«: das Bild der hilflosen Migrantin of Colour.

Serena:
Für mich drängt sich an der Stelle die Frage auf, inwiefern die arbeitsrechtlichen Privilegien von weißen Schweizer Sexarbeitenden dazu beitragen, dass sie tatsächlich weniger vulnerabel, weniger ausbeutbar sind. Eine weitere Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Begehrensökonomie, etwa wenn Cabaret-InhaberInnen sagen, sie bräuchten mehr »exotische« Frauen. Wie gehen wir damit um, wenn Freier sagen, sie bevorzugen diese oder jene Frauenkörper und „Ich habe ein Recht auf meine persönlichen Vorlieben, ich bezahle schließlich«? Intime Präferenzen und Lüste lassen sich nicht einfach wegreden. Wichtig wäre aber festzustellen, dass sie nicht vom Himmel gefallen sind: Gerade unsere intimsten Vorlieben und Vorstellungen sind machtdurchzogen, und nicht nur von Geschlechtervorstellungen geprägt, sondern immer auch von Rassisierung. Das betrifft nicht nur Kund*innen (Freier). Wir alle lernen irgendwann, Körper einzuordnen und wer oder was begehrenswert ist. In der Sexindustrie werden Wünsche nach Exotik und bestimmten Körpern, nach dem »Anderen« salonfähig. Wie gehen wir damit um, dass die Sexindustrie Diversität braucht
und nichtweiße Körper gefragt sind, weil sie »exotisch« seien und sich bestimmte sexualisierte Fantasien auf sie projizieren lassen? Vor allem verstehe ich in diesem Zusammenhang von Angebot und Nachfrage nicht, weshalb Schwarze Sexarbeiterinnen tendenziell am wenigsten verdienen. In einer kapitalistischen Logik müsste ja dann dort mehr Geld hinfließen. Frauen of Colour sind anscheinend gefragt und doch dürfen sie nicht legal arbeiten?

Christa:
Ich würde sagen, es gibt eine Zuschreibung aufgrund von Rassisierung und Herkunft. Nur schon in der Bildsprache in Inseraten – für Escort wird praktisch nur mit weißen Frauen geworben.

Serena:
Das heißt, die sexuelle Dienstleistung einer weißen Frau ist letztlich doch gefragter und hat einen höheren Marktwert?

Christa:
Ich nehme an, das hat mit der Exklusivität zu tun: »Und ich kann mir das leisten.« Die Freier leisten sich was Gleiches und können sich zudem mit der Person noch intellektuell unterhalten. Die Umkehrung wäre dann, dass man sich mit einer »exotischen« Frau nicht unterhalten kann, weil ihr Körper für sie spricht, weil man davon ausgeht, dass sie ungebildet ist oder weil sie die eigene Sprache nicht spricht. Es geht also darum, welche Tätigkeit innerhalb der Sexarbeit welchen Wert hat und wem man die Fähigkeit zuspricht, diese Tätigkeit auszuführen. Bisher hatte ich im Zusammenhang mit Sexarbeit nicht genau überlegt, warum die Dienstleistung der weißen Schweizerin oder Deutschen so viel mehr Wert hat als jene einer nichtweißen Person. Aber wieso sollte es in der Sexarbeit anders sein als in anderen Arbeitssektoren? Es ist einfach wahnsinnig komplex, weil so viele Faktoren wie Geschlecht, Rassisierung, Klasse, Aufenthaltsbewilligung und Stigma reinspielen.

Serena:
Das Ganze ist so komplex, dass die sich überschneidenden Marginalisierungsformen auch für Sexarbeitende kaum zu durchschauen sind. Du hast erwähnt, dass Sexarbeitenden oft erst beim Besuch von Schwarzen Nichtsexarbeiterinnen, die dann ebenfalls verdächtigt und kontrolliert werden, auffällt, dass es sich um Racial Profiling handelt. Das ist die Krux mit der intersektionalen Position von rassisierten Sexarbeiterinnen. Zu den unterschiedlichen Ismen, die hier aufeinandertreffen, kommt die Stigmatisierung aufgrund der Sexarbeit. Wenn so viele Achsen von Diskriminierung zusammenkommen, entsteht eine Leerstelle, oder eben eine Subalternität, wo das Zusammenwirken so verschränkt ist, dass es zu kurz greift, wenn wir mit dem Finger auf einen einzelnen Faktor zeigen. Es gibt kaum Räume, wo Sexarbeitende diesen Komplex miteinander aufdröseln, sich solidarisieren und politisch ermächtigen könnten. So entsteht auch wenig sichtbarer Widerstand. Stigma, Isolation und die (erzwungene) Mobilität machen es unheimlich schwierig, die verschiedenen, aber ineinandergreifenden Diskriminierungen zu entflechten und zu benennen. Oftmals sind es Beratungsstellen für Sexarbeitende und (sexarbeitende) Aktivist*innen, die diese Entflechtung leisten – und leisten müssen, um innerhalb der existierenden rechtlichen Möglichkeiten gegen Diskriminierung vorgehen zu können.

 

download pdf

 

 

Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung

Friday, 30. June 2023

Posted by Tarek Naguib

 

Quelle: Aktion Vierviertel

Um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, braucht es laut INES eine verfassungsrechtliche Regelung, welche ein Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Gleichstellung verlangt. In diesem Sinne entwickelte INES-Co-Geschäftsleiter und Jurist Tarek Naguib eine Vorlage für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung.

Arbeitspapier Baustelle Demokratie

Monday, 16. January 2023

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Eine Runde der Schweizer Think-Tanks und Foresight Organisationen ist 2022 zusammengekommen, um über die Herausforderungen für die Demokratie zu diskturieren. Das Treffen fand auf Einladung der Stiftung Mercator Schweiz und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft statt. Ziel war es, offensichtliche wie verborgene Entwicklungen zusammenzutragen sowie konkrete Massnahmen zur Stärkung und Entwicklung der Demokratie der Schweiz zu identifizieren.

ÖFFENTLICHER APPELL: SOLIDARITÄT MIT DER REVOLUTION IM IRAN

Friday, 4. November 2022

Posted by Institut Neue Schweiz INES

 

AFP / UGC Image

INES solidarisiert sich mit der Revolution im Iran und unterstützt die iranischstämmigen Protestierenden in der Schweiz. Wir verurteilen jede Form totalitärer Interpretation von Weltanschauung und Religion für Verletzungen von Menschenrechten. Eine Demokratie lebt davon, dass durch sie Selbstbestimmung, Freiheit und Gleichheit in der Vielfalt gestärkt werden.

Diversity Unpacked – Kommentar zu einem schillernden Begriff

Wednesday, 14. September 2022

Posted by Asmaa Dehbi, Vorstandsmitglied INES

 

Zum vierten Mal wurden in Bern verschiedene Akteur:innen und Projekte im Bereich Diversität und Inklusion ausgezeichnet. (Bild: Sandra Blaser)

Diversity ist das Wort der Stunde und scheint Garant für eine gerechte und plurale Gesellschaft zu sein. Mit dem Erhalt des Swiss Diversity Awards in der Kategorie «Religion» nimmt die Preisträgerin und INES-Vorstandsmitglied Asmaa Dehbi eine kurze Einordnung des Diversitätsbegriffs vor.

Vor Gericht die Schweizer Migrationspolitik ändern? Eine Debatte über Möglichkeiten und Grenzen des Rechtswegs zur Erreichung politischer Fortschritte

Thursday, 19. May 2022

Posted by Fanny de Weck & Tarek Naguib

 

Fanny de Weck und Tarek Naguib diskutieren über die Möglichkeiten und Grenzen des Rechts im Kampf um ein Ausländer-, Asyl- und Bürgerrecht frei von Willkür und dafür mehr Gerechtigkeit. Dabei sind sie sich nicht immer einig, was mit einem Rechtsstreit vor Gericht erreicht werden kann und was nicht: wo seine Potenziale und wo seine Grenzen liegen? Letztlich geht es ihnen aber beiden darum, dass die Grund- und Menschenrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte und Rassismuserfahrung auch umgesetzt werden - und dafür muss gekämpft werden.

Antirassismus in the Making. Ein Werkstattgespräch zu Allianzen, Identitätspolitik und Intersektionalität

Saturday, 23. April 2022

Posted by Rahel El-Maawi, Rohit Jain, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib

 

Die Arbeit des Institut Neue Schweiz INES ist vom Wunsch geprägt, laufende Debatten zu Migration, Diversität und Antirassismus zu dokumentieren, verschiedene Ansätze in Austausch zu bringen und offene strategische Fragen zu diskutieren. Im folgenden Gespräch thematisieren Rahel El-Maawi, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib und Rohit Jain Fragen rund um Identitätspolitik, Repräsentation und Intersektionalität und verbinden diese miteinander. Ein Blogbeitrag in zwei Teilen. Zum Teil 2 des Gesprächs zu Antirassismus in the Making.

Wer sterben gelassen wird: Strukturelle Differenzierungen in der Pandemie

Friday, 25. February 2022

Posted by Tino Plümecke & Linda Supik

 

Der Anstieg der Todesfälle bei Menschen ohne Schweizer Pass ist mit 21,8 Prozent während des Pandemie-Jahres 2020 fast doppelt so hoch wie der von Menschen mit Schweizer Staatsangehörigkeit. Während die Sterberate bei Frauen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in den untersuchten Altersgruppen 45- bis 64-Jährige und 65- bis 74-Jährige leicht abnahmen, stiegen die Sterberaten bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Dies ergibt eine Auswertung der statistischen Daten des Bundes durch unsere Gastautor*innen Tino Plümecke und Linda Supik.

Einblick in die Vernissagen zum HANDBUCH NEUE SCHWEIZ - mit Ausblick ins kommende Jahr

Thursday, 23. December 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

In diesem letzten Blog-Beitrag im 2021 geben wir einen Einblick in die vier Vernissagen zum jüngst erschienenen HANDBUCH NEUE SCHWEIZ. Uns war es wichtig, Themen aufzugreifen, die das Institut Neue Schweiz INES auch im kommenden Jahr beschäftigen werden: ein neues Bürgerrecht, eine vielstimmige Bürger:innenschaft, diskriminierungsfreie Teilhabe und eine Schweiz, die für ihr globales Handeln Verantwortung übernimmt.

Handbuch #NeueSchweiz - für alle, die hier sind und noch kommen werden

Monday, 29. November 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Das HANDBUCH NEUE SCHWEIZ (Diaphanes Verlag) ist ab sofort im Buchhandel erhältlich - voller Migration, Vielfalt und Mehrfachzugehörigkeit. Es schafft eine vielstimmige Plattform, die zum Nachdenken, zum Gespräch und zur Diskussion einladen möchte - und die vor allem Mut machen soll: solidarisch und selbstkritisch. Wer sich ein Bild machen möchte, kann hier die Einleitung lesen.

Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte

Friday, 10. September 2021

Posted by Anisha Imhasly

 

Gruppenbild im Anschluss an die kulturpolitische Debatte, Gessnerallee Zürich, Juni 2021

An einem Samstagnachmittag anfangs Juni fanden sich rund fünfzig Menschen in der Gessnerallee Zürich ein, um auf Einladung von INES unter dem Titel „Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte“ zu erfahren, wie es um diese Vielfalt in der Kultur bestellt ist. Dies vor dem Hintergrund eines zentralen Anliegens seitens INES: Nämlich, dass sich die demografische Realität der Schweiz in seinen Institutionen – etwa in Politik und Verwaltung, Recht, Medien, Bildung und Kultur – viel stärker abbilden muss. Was hier folgt, ist eine subjektive Einordnung der Diskussionen bzw. einige weiterführende Gedanken zum Thema.

In der Schweiz Zuhause – ausgeschafft in ein fremdes Land

Sunday, 30. May 2021

Posted by Institut Neue Schweiz und Demokratische Juristinnen und Juristen Zürich

 

Babak Fargahi, Rechtsanwalt

In der Schweiz können seit je her Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, ausgeschafft werden. Nur weil sie den Schweizer Pass nicht besitzen. Mit Annahme der Ausschaffungsinitiative und Verschärfungen im Bürgerrecht hat sich die Situation noch mehr verschlechtert. Rechtsanwalt Babak Fargahi, Filmhistorikerin Marcy Goldberg, Buket Bicer-Zimmermann, Schwester eines in die Türkei ausgeschafften Secondo, und Ständerat Paul Rechsteiner haben am 24. Mai 2021 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kosmopolitics über diese Missstände gesprochen. Hier kann das Video angesehen werden.

Tradition und Identität im Kontext postkolonialer Verstrickungen

Friday, 6. March 2020

Posted by Halua Pinto de Magalhães

 

"Protestdemo" von FasnächtlerInnen - August 2018 (Quelle: Tageswoche, Hans-Jörg Walter)

Aufgrund des Corona-Virus wurde dieses Jahr unter anderem die Basler Fasnacht abgesagt. Die Kritik der antirassistischen Bewegung an der Fasnacht bleibt. Es stellt sich insbesondere immer noch die Frage, weshalb diese sogenannten Traditionen sowohl bei ihren Kritikern, als auch bei eingeschworenen FasnächtlerInnen so viele Emotionen auslösen. Halua Pinto de Magalhães sucht auf dem INES Blog „Stimmen der Neuen Schweiz“ nach antworten.

OPEN LETTER TO THE FEDERAL COUNCIL

Friday, 1. May 2020

Posted by INES Institute New Switzerland

 

ECONOMIC NEEDS IN TIMES OF THE CORONA CRISIS MUST NOT ENDANGER RESIDENCE STATUS AND NATURALISATIONS - LET US SHOW SOLIDARITY HERE, TOO!

The corona pandemic is not only a health crisis, but also a social and economic crisis. Many people are threatened by unemployment, will be dependent on social welfare and will have to take on debts, also in Switzerland. The financial and social implications of this are massive, and so are the legal consequences – something many people are unaware of. In decisions on residence status and naturalisation, one of the decisive factors is 'economic integration'. The corona pandemic is therefore a potential existential threat to many people: A quarter of the resident population does not have Swiss citizenship, but supports and helps shape the country on a daily basis.

Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung

Friday, 30. June 2023

Posted by Tarek Naguib

 

Quelle: Aktion Vierviertel

Um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, braucht es laut INES eine verfassungsrechtliche Regelung, welche ein Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Gleichstellung verlangt. In diesem Sinne entwickelte INES-Co-Geschäftsleiter und Jurist Tarek Naguib eine Vorlage für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung.

ÖFFENTLICHER APPELL: SOLIDARITÄT MIT DER REVOLUTION IM IRAN

Friday, 4. November 2022

Posted by Institut Neue Schweiz INES

 

AFP / UGC Image

INES solidarisiert sich mit der Revolution im Iran und unterstützt die iranischstämmigen Protestierenden in der Schweiz. Wir verurteilen jede Form totalitärer Interpretation von Weltanschauung und Religion für Verletzungen von Menschenrechten. Eine Demokratie lebt davon, dass durch sie Selbstbestimmung, Freiheit und Gleichheit in der Vielfalt gestärkt werden.

Vor Gericht die Schweizer Migrationspolitik ändern? Eine Debatte über Möglichkeiten und Grenzen des Rechtswegs zur Erreichung politischer Fortschritte

Thursday, 19. May 2022

Posted by Fanny de Weck & Tarek Naguib

 

Fanny de Weck und Tarek Naguib diskutieren über die Möglichkeiten und Grenzen des Rechts im Kampf um ein Ausländer-, Asyl- und Bürgerrecht frei von Willkür und dafür mehr Gerechtigkeit. Dabei sind sie sich nicht immer einig, was mit einem Rechtsstreit vor Gericht erreicht werden kann und was nicht: wo seine Potenziale und wo seine Grenzen liegen? Letztlich geht es ihnen aber beiden darum, dass die Grund- und Menschenrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte und Rassismuserfahrung auch umgesetzt werden - und dafür muss gekämpft werden.

Wer sterben gelassen wird: Strukturelle Differenzierungen in der Pandemie

Friday, 25. February 2022

Posted by Tino Plümecke & Linda Supik

 

Der Anstieg der Todesfälle bei Menschen ohne Schweizer Pass ist mit 21,8 Prozent während des Pandemie-Jahres 2020 fast doppelt so hoch wie der von Menschen mit Schweizer Staatsangehörigkeit. Während die Sterberate bei Frauen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in den untersuchten Altersgruppen 45- bis 64-Jährige und 65- bis 74-Jährige leicht abnahmen, stiegen die Sterberaten bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Dies ergibt eine Auswertung der statistischen Daten des Bundes durch unsere Gastautor*innen Tino Plümecke und Linda Supik.

Handbuch #NeueSchweiz - für alle, die hier sind und noch kommen werden

Monday, 29. November 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Das HANDBUCH NEUE SCHWEIZ (Diaphanes Verlag) ist ab sofort im Buchhandel erhältlich - voller Migration, Vielfalt und Mehrfachzugehörigkeit. Es schafft eine vielstimmige Plattform, die zum Nachdenken, zum Gespräch und zur Diskussion einladen möchte - und die vor allem Mut machen soll: solidarisch und selbstkritisch. Wer sich ein Bild machen möchte, kann hier die Einleitung lesen.

In der Schweiz Zuhause – ausgeschafft in ein fremdes Land

Sunday, 30. May 2021

Posted by Institut Neue Schweiz und Demokratische Juristinnen und Juristen Zürich

 

Babak Fargahi, Rechtsanwalt

In der Schweiz können seit je her Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, ausgeschafft werden. Nur weil sie den Schweizer Pass nicht besitzen. Mit Annahme der Ausschaffungsinitiative und Verschärfungen im Bürgerrecht hat sich die Situation noch mehr verschlechtert. Rechtsanwalt Babak Fargahi, Filmhistorikerin Marcy Goldberg, Buket Bicer-Zimmermann, Schwester eines in die Türkei ausgeschafften Secondo, und Ständerat Paul Rechsteiner haben am 24. Mai 2021 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kosmopolitics über diese Missstände gesprochen. Hier kann das Video angesehen werden.

OPEN LETTER TO THE FEDERAL COUNCIL

Friday, 1. May 2020

Posted by INES Institute New Switzerland

 

ECONOMIC NEEDS IN TIMES OF THE CORONA CRISIS MUST NOT ENDANGER RESIDENCE STATUS AND NATURALISATIONS - LET US SHOW SOLIDARITY HERE, TOO!

The corona pandemic is not only a health crisis, but also a social and economic crisis. Many people are threatened by unemployment, will be dependent on social welfare and will have to take on debts, also in Switzerland. The financial and social implications of this are massive, and so are the legal consequences – something many people are unaware of. In decisions on residence status and naturalisation, one of the decisive factors is 'economic integration'. The corona pandemic is therefore a potential existential threat to many people: A quarter of the resident population does not have Swiss citizenship, but supports and helps shape the country on a daily basis.

Arbeitspapier Baustelle Demokratie

Monday, 16. January 2023

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Eine Runde der Schweizer Think-Tanks und Foresight Organisationen ist 2022 zusammengekommen, um über die Herausforderungen für die Demokratie zu diskturieren. Das Treffen fand auf Einladung der Stiftung Mercator Schweiz und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft statt. Ziel war es, offensichtliche wie verborgene Entwicklungen zusammenzutragen sowie konkrete Massnahmen zur Stärkung und Entwicklung der Demokratie der Schweiz zu identifizieren.

Diversity Unpacked – Kommentar zu einem schillernden Begriff

Wednesday, 14. September 2022

Posted by Asmaa Dehbi, Vorstandsmitglied INES

 

Zum vierten Mal wurden in Bern verschiedene Akteur:innen und Projekte im Bereich Diversität und Inklusion ausgezeichnet. (Bild: Sandra Blaser)

Diversity ist das Wort der Stunde und scheint Garant für eine gerechte und plurale Gesellschaft zu sein. Mit dem Erhalt des Swiss Diversity Awards in der Kategorie «Religion» nimmt die Preisträgerin und INES-Vorstandsmitglied Asmaa Dehbi eine kurze Einordnung des Diversitätsbegriffs vor.

Antirassismus in the Making. Ein Werkstattgespräch zu Allianzen, Identitätspolitik und Intersektionalität

Saturday, 23. April 2022

Posted by Rahel El-Maawi, Rohit Jain, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib

 

Die Arbeit des Institut Neue Schweiz INES ist vom Wunsch geprägt, laufende Debatten zu Migration, Diversität und Antirassismus zu dokumentieren, verschiedene Ansätze in Austausch zu bringen und offene strategische Fragen zu diskutieren. Im folgenden Gespräch thematisieren Rahel El-Maawi, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib und Rohit Jain Fragen rund um Identitätspolitik, Repräsentation und Intersektionalität und verbinden diese miteinander. Ein Blogbeitrag in zwei Teilen. Zum Teil 2 des Gesprächs zu Antirassismus in the Making.

Einblick in die Vernissagen zum HANDBUCH NEUE SCHWEIZ - mit Ausblick ins kommende Jahr

Thursday, 23. December 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

In diesem letzten Blog-Beitrag im 2021 geben wir einen Einblick in die vier Vernissagen zum jüngst erschienenen HANDBUCH NEUE SCHWEIZ. Uns war es wichtig, Themen aufzugreifen, die das Institut Neue Schweiz INES auch im kommenden Jahr beschäftigen werden: ein neues Bürgerrecht, eine vielstimmige Bürger:innenschaft, diskriminierungsfreie Teilhabe und eine Schweiz, die für ihr globales Handeln Verantwortung übernimmt.

Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte

Friday, 10. September 2021

Posted by Anisha Imhasly

 

Gruppenbild im Anschluss an die kulturpolitische Debatte, Gessnerallee Zürich, Juni 2021

An einem Samstagnachmittag anfangs Juni fanden sich rund fünfzig Menschen in der Gessnerallee Zürich ein, um auf Einladung von INES unter dem Titel „Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte“ zu erfahren, wie es um diese Vielfalt in der Kultur bestellt ist. Dies vor dem Hintergrund eines zentralen Anliegens seitens INES: Nämlich, dass sich die demografische Realität der Schweiz in seinen Institutionen – etwa in Politik und Verwaltung, Recht, Medien, Bildung und Kultur – viel stärker abbilden muss. Was hier folgt, ist eine subjektive Einordnung der Diskussionen bzw. einige weiterführende Gedanken zum Thema.

Tradition und Identität im Kontext postkolonialer Verstrickungen

Friday, 6. March 2020

Posted by Halua Pinto de Magalhães

 

"Protestdemo" von FasnächtlerInnen - August 2018 (Quelle: Tageswoche, Hans-Jörg Walter)

Aufgrund des Corona-Virus wurde dieses Jahr unter anderem die Basler Fasnacht abgesagt. Die Kritik der antirassistischen Bewegung an der Fasnacht bleibt. Es stellt sich insbesondere immer noch die Frage, weshalb diese sogenannten Traditionen sowohl bei ihren Kritikern, als auch bei eingeschworenen FasnächtlerInnen so viele Emotionen auslösen. Halua Pinto de Magalhães sucht auf dem INES Blog „Stimmen der Neuen Schweiz“ nach antworten.

INES