Friday, 13. December 2019
Posted by Tarek Naguib
Asmaa Dehbi ist Erziehungswissenschaftlerin und Aktivistin. Sie studiert an der Universität Zürich und verfasste ihre Masterarbeit zum Thema Rassismuskritik in der Sozialen Arbeit. Dehbi leitet Diskussionsrunden für Jugendliche zur Prävention von Radikalisierung und Extremismus. Gemeinsam mit anderen Studierenden lancierte sie ausserdem die Kurzfilmkampagne «Swiss Muslim Stories». Tarek Naguib hat Asmaa Dehbi im Lichthof der Universität Zürich getroffen und mit ihr über die Erkenntnisse ihrer Masterarbeit, Orientalismen und stereotype Bilder über MuslimInnen in der Schweizer Alltagskultur, antirassistischen Widerstand und Demokratie gesprochen.
Tarek Naguib: In deiner Masterarbeit sprichst du von antimuslimischem Rassismus. In den Schweizer Medien taucht dieser Begriff jedoch praktisch nicht auf und auch in wissenschaftlichen Arbeiten wird er selten gebraucht. In offiziellen Dokumenten wie dem aktuellen Bericht der eidgenössischen Fachstelle für Rassismusbekämpfung wird vor allem der Begriff der «Muslimfeindlichkeit» verwendet. Wie stehst Du zu ihm?
Asmaa Dehbi: Ich erachte diesen Begriff als wenig hilfreich. Wer von «Muslimfeindlichkeit» spricht, lässt offen, wie diese Feindschaft historisch entstanden ist und aus welcher gesellschaftlichen Position heraus sie ausgeübt wird. Noch ungeeigneter ist meiner Meinung nach der Begriff «Islamophobie», der vor allem im Englischen verbreitet ist. Beide Begriffe stellen "Islamophobie" als individual- und kollektivpsychologisches Problem dar, wodurch er in gewisser Weise als übertriebenes Angstgefühl einzelner Menschen oder Bevölkerungsgruppen gerechtfertigt wird. Dadurch gerät die strukturelle Dimension der Stigmatisierung und Ausgrenzung von MuslimInnen aus dem Blick – oder wird zumindest bagatellisiert. Im Grunde genommen geht es aber genau um diese Diskriminierung von MuslimInnen, deshalb spreche ich meist von antimuslimischem Rassismus.
Weshalb reicht es nicht, von Rassismus tout court zu sprechen?
Wie jeder andere Rassismus funktioniert auch antimuslimischer Rassismus ganz zentral über die Herstellung von Differenz. Es geht um die Konstruktion eines «Wir» und «die Anderen». Rassismus dient dazu, das weisse «Wir» als fortgeschritten, aufgeklärt und vernünftig darzustellen. Bei Rassismus gegen MuslimInnen, und das ist in gewisser Weise ein Spezifikum, werden «die Muslime» pauschalisierend als rückständige, fanatische und potenziell gewalttätige Horden imaginiert. Obwohl über 400'000 MuslimInnen in der Schweiz leben, gelten sie nicht als der Schweiz zugehörig, sondern als potenzielle Bedrohung von «aussen». Sehr ausgeprägt ist im Falle des antimuslimischen Rassismus die Verwobenheit mit sexistischen Denkmustern – wie etwa jüngst im Rahmen des Frauenstreiks dieses Jahr, als muslimischen Frauen, die sich für die selbstbestimmte Freiheit des Tragens des Kopftuchs einsetzten und dafür angefeindet wurden (s. den Artikel «Rassismus am Frauenstreik von Meral Kaya): «Der Islam» wird ja im gängigen Narrativ immer auch als patriarchale Religion dargestellt, die angeblich Frauen unterdrückt und deshalb unvereinbar mit «westlichen» Werten sei.
Viele dieser Bilder, von denen du sprichst, wurden ja ab 9/11 im öffentlichen Diskurs hochgekocht. Ein offensichtliches Beispiel für die Verquickung des Islams als Bedrohung mit der Vorstellung der Unterdrückung der Frau ist die Volksinitiative "Gegen den Bau von Minaretten".
Und das ist nur ein Beispiel von stereotypen Bildern, die damals in den Jahren 2009 und 2010 zu einer Intensivierung von alltäglichen Diskriminierungen und teils heftigen Beschimpfungen von unter anderem muslimischen Frauen mit Kopftuch im öffentlichen Raum führten. Die Bilder sind tief im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert. Als ich kürzlich an einem Workshop nach spontanen Assoziationen mit dem Wort «Muslim» gefragt habe, kamen immer dieselben Attribute ins Spiel: langer Bart, langes Gewand, grimmiger Blick. Es ist verrückt: In der gängigen Wahrnehmung lachen MuslimInnen nicht. Mir wurde auch schon gesagt: «Für eine Muslimin bist du sehr humorvoll». Das eine scheint das andere auszuschliessen.
Ein weiteres Beispiel für ein Stereotyp ist: Beim Wort «Muslim» denken die Leute an einen Mann «arabischer» oder «türkischer» Herkunft.
Ja. Und dies, obwohl beispielsweise im südostasiatischen Raum Millionen MuslimInnen leben und Schweizer MuslimInnen über dermassen unterschiedliche Zugehörigkeiten und Bezüge verfügen. Das Bild korrespondiert nicht mit der Realität. Der Islam wird in der Schweiz ethnisiert, die Leute denken, und das mag erstaunen, oft immer noch an fliegende Teppiche, Basare, Schleier oder Harems. Zudem zeigt der erwähnte Rassismusbericht der Fachstelle für Rassismusbekämpfung, dass «negative Meinungen und Stereotype» über MuslimInnen bei der Bevölkerung die höchste Zustimmung erfahren. Und diese Bilder sind aufgrund der daraus resultierenden alltagsrassistischen Handlungen keineswegs so harmlos wie sie auf den ersten Blick wirken könnten. So haben beispielsweise kopftuchtragende Musliminnen praktisch keine Chance, ein für die Lehrausbildung obligatorisches Praktikum zu absolvieren. Ich kenne einige muslimische PädagogInnen, denen der Zugang zum Lehrberuf verwehrt bleibt, weil ihnen eine Missionierung oder Manipulation ihrer SchülerInnen unterstellt wird. Es wird ihnen von Grund auf mit mehr Misstrauen begegnet als etwa ChristInnen oder AtheistInnen. Das ist naiv und diskriminierend zugleich.
Woher kommt denn das historisch, das hat ja vor 9/11 begonnen?
Das sind paradigmatische orientalistische Bilder aus Literatur und Alltagskultur, auf die einerseits zurückgegriffen wird, die sich andererseits aber auch laufend verändern und an aktuelle Entwicklungen anpassen beziehungsweise diese mitprägen. Die Psychologin Brigitte Rommelspacher zeigt sehr schön auf, woher diese Bilder kommen, und was ihre gesellschaftliche Funktion ist. Sie spricht von inneren Widersprüchen, die über die Dämonisierung des Islams ausgelagert werden. Die Figur des gewaltbereiten muslimischen Mannes wurde beispielsweise im Zusammenhang mit den Kreuzzügen entwickelt, um von der Brutalität der westlichen Streitkräfte abzulenken und die eigenen kriegerischen Aktivitäten zu rechtfertigen. Im viktorianischen Zeitalter kamen sogenannt «sexotisierende» Projektionen dazu, die den "triebgesteuerten Muslimen" und die "verführerische und unberührte Muslimin" in Abgrenzung zu den züchtigen ChristInnen entwarfen. Im Zuge der Aufklärung setzte sich schliesslich die Darstellung der muslimischen Welt als rückständig und barbarisch durch. In all diesen Epochen ging es darum, die «eigene» «okzidentale» Identität in Abgrenzung zur vorgeblich «fremden» «orientalen» Identität zu festigen. Dabei werden Musliminnen und Muslime tendenziell auf wenige, in der Regel problematische Eigenschaften reduziert, während Angehörige der nichtmuslimischen Gesellschaft als Individuen mit einer komplexen Persönlichkeit gelten.
Und diese historischen Verzerrungen wirken auf höchstproblematische Weise in aktuelle gesellschaftliche Debatten rein?
Ja, wenn etwa 2004 im Rahmen der Abstimmung zur Vorlage zur erleichterten Einbürgerung ausgehend von einer kruden Hochrechnung statistischer Zahlung eine bedrohliche Zunahme der muslimischen Bevölkerung mit einer frauenfeindlichen Kultur fantasiert wird. Diese sowohl einseitige Reduktion wie auch rassistische Darstellung hat zur Folge, dass sich PolitikerInnen von links bis weit in bürgerliche und rechte Kreise die Verteidigung der Frauenrechte im Namen einer scheinbaren Schweizer Leitkultur auf die Fahnen schreiben, anstatt dass wir ehrlich und vertieft über Rassismus und heteronormative Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität in der Schweiz diskutieren. Auch der Sexismus wird zum "muslimischen" Problem gemacht, sodass Diskriminierung, sexuelle Belästigung und Gewalt an Frauen in den eigenen Reihen aber auch feministische Praxen von muslimischen Frauen dethematisiert werden, wie Jovita dos Santos Pinto in ihrem Beitrag «Samira. Hüterin der Kolonialnostalgie» zeigt.
Die von dir beschriebenen Geschlechter-Stereotype und Verobjektivierungen von muslimischen Männern und Frauen finden sich an verschiedenen Stellen in unserer Alltagskultur – zum Beispiel in Liedern wie dem «Sidi Abdel Assar» von Mani Matter.
Auszug aus dem Songtext zu "Dr Sidi Abdel Assar vo El Hama" von Mani Matter
dr sidi abdel assar vo el hama
, het mal am morge früe no im pijama,
ir strass vor dr moschee
, zwöi schöni ouge gseh
das isch dr afang worde vo sim drama
s. isch d tochter gsy vom mohamed mustafa,
dr abdel assar het nümm chönne schlafa,
bis är bim mohamed
um d hand aghalte hed
und gseit: i biete hundertfüfzig schaf a
. dr mohamed het gantwortet: bi allah
es fröit mi, dass my tochter dir het gfalla.
doch wärt isch si, my seel
zwöhundertzwänzg kamel
und drunder chan i dir sen uf ke fall la
Es ist eindrücklich, wie auf diese Register zugegriffen wird. Und wie sich ihre Gewichtung in den letzten Jahrzehnten verschob. Vor 9/11 war das romantisch-exotisierende Element in der Schweiz zum Beispiel noch viel stärker verbreitet. Die «orientalische Frau» war damals noch nicht so stark entrechtet. Dafür war sie extrem sexualisiert: Sie galt als unberührte Schönheit mit langen, vollen, dunklen Haaren. Ich kriegte das schon als Kind zu spüren: Meine langen Haare waren ständig Thema. Als ich sie abschnitt, bedauerten das alle sehr.
Bei mir hiess es immer: Tarek, du siehst gar nicht so aus wie dein Name klingt. Wenn ich fragte, was sie meinten, kam oft heraus, dass die Leute irgendeinen stereotypen «orientalischen» Mann vor ihrem inneren Auge hatten, mit bestimmten Gesichtszügen, dem ich offenbar nicht entspreche.
Das Problem mit solchen Stereotypen ist ja, dass sie dein Verhalten und dein Selbstbild prägen. Dein Gegenüber hat ein bestimmtes Bild im Kopf, dem du gehorchen sollst. Ich wurde beispielsweise oft gefragt, ob ich Bauchtanze. Das ist ein ziemlich verengter Blick von möglichen Hobbys, die sich die Leute bei mir vorstellen konnten.
Wie gehst du persönlich mit solchen Zuschreibungen um? Im erwähnten Rassismusbericht des Bundes steht nämlich auch, dass die jüngeren Generationen selbstbewusster auf Alltagsrassismen reagiere, als die Generation ihrer Eltern. Siehst du das auch so?
Das mag schon sein. Vielleicht verfügen wir stärker über eine Sprache, um das Problem zu benennen. Und es gibt mehr rassismuskritische Initiativen von MuslimInnen als früher. Gleichzeitig muss festgehalten werden: Die verbreitetste Umgangsstrategie mit Rassismus ist auch unter MuslimInnen weiterhin die Verdrängung. Das zeigen zahlreiche Studien. Und das sagt mir mein Gefühl. Ich kenne viele Menschen, die Dinge sagen wie: «Nun habe ich siebzig Bewerbungen geschrieben und nur Absagen erhalten. Aber das ist halt einfach so. Ich muss mir halt mehr Mühe geben.»
Auch bei jungen Menschen, die hier geboren sind, kommt nicht selten die Antwort: Das ist doch nicht Rassismus, das ist normal. Worauf sie allerdings dann oft zu schmunzeln beginnen. Andererseits erinnere ich mich an meinen Vater, der sich als er in den 1960er-Jahren aus Kairo in die Schweiz gekommen war, anpasste und sich anders als ich keinen «unnötigen» Risiken aussetzen wollte.
Sich Alltagsrassismen zu stellen braucht Zeit und Energie, ganz unabhängig von Lebensalter und Generation. Im Studium habe ich viel Zeit damit verbracht, meine eigenen Rassismuserfahrungen einzuordnen. Diese Möglichkeit haben nicht alle. Und hier liegt auch die Gefahr der vereinfachenden und vielleicht auch naiven Erzählung einer «neuen Generation», die selbstbewusster mit Rassismus umgeht: Sicher, stark verallgemeinert gesagt haben die Generationen oder jene Menschen, die hier geboren sind, einen anderen Bezug zur Schweiz als jene, die hierher kommen. In Tat und Wahrheit sind wir aber alle heillos überfordert mit der Situation, weil wir uns dieses Wissen über Rassismus nach wie vor selbst aneignen müssen. Die Politik hat eine Handlungspflicht, was Rassismusbekämpfung angeht. Das Thema müsste in den Lehrplan rein – und ins Curriculum der Pädagogischen Hochschulen. Daneben sind aber vor allem auch wir als Zivilgesellschaft weiter gefordert. Wir müssen mutiger und selbstbewusster werden, Widerrede leisten und uns organisieren.
Wie kommen wir zu diesem Widerspruch? Es ist ja nicht so einfach, wie du selbst sagst: Mehr über Rassismus zu lernen ist das eine, das andere sind die Umgangsweisen. Auf rassistische Polizieikontrollen beispielsweise reagieren viele Betroffene mit Scham, wie eine aktuelle Studie zu «Racial Profiling» in der Schweiz zeigt. Sie fühlen sich gedemütigt, sind überfordert, einzelne versuchen dem etwas entgegenzusetzen. Teilweise sehr offensiv wie das Beispiel einer Person, die sich bei einer Polizeikontrolle aus Protest nackt auszog. Aber es gibt auch subtilere Formen der Widerständigkeit: Kritische Rückfragen stellen, die rassistisch agierende Person in Erklärungsnot bringen. Was braucht es, um diese Widerständigkeiten zu stärken?
Zunächst brauchen wir mehr Orte, wo Erfahrungen mit Alltagsrassismus angesprochen werden können. Ich merke das in den Diskussionstreffs mit Jugendlichen, die ich leite: Die Jugendlichen haben weder zuhause, noch in der Lehre oder der Moschee die Möglichkeit, um diese Dinge anzusprechen. Das wird nirgends abgefangen. Es ist unglaublich, was sich in diesen Workshops dann alles entlädt. Und wie wichtig die Gespräche für die Jugendlichen sind, um von Schuld- und Ohnmachtsgefühlen zu einem gestärkten Handeln zu kommen.
Eine ähnliche Entwicklung beschreibt Mohamed Wa Baile im Zusammenhang mit seinem Engagement gegen Racial Profiling (siehe auch Blogbeitrag «Hautverdächtig»). Er sagt: Seit er sich politisch gegen rassistische Polizeikontrollen wehrt, sind seine Schamgefühle und Wut weg, wie er selbst sagt. Heute tun ihm die PolizistInnen leid, und vor allem: er sieht sich selbst nicht mehr als «Opfer», die sich dauern erklären muss, sondern als Person, die selbstbewusst Widerstand leistet.
Eine offene Auseinandersetzung mit Rassismuserfahrungen ist wichtig, um aus dem Rechtfertigungsdiskurs herauszukommen, das sehe ich auch so. Wenn unsere Eltern auf die vermeintlich patriarchale Dimension des Islams angesprochen worden wären, hätten sie den Koran hervorgeholt, um diesen Vorwurf inhaltlich zu widerlegen. Mit dieser defensiven Haltung kommen wir nirgends hin. Sie zwingt uns, zu HalbtheologInnen zu werden. Ich finde es mehr als legitim zusagen: Ich habe einen spirituellen Bezug zu meinem Glauben und muss mich nicht dafür rechtfertigen. Kommen Menschen heute mit ähnlichen Aussagen auf mich zu, frage ich zurück: Wie kommst du darauf? Kannst du dir vorstellen, dass deine Frage hochproblematisch ist? Mein Ansatz ist sehr pädagogisch. Häufig beginne ich mit Sätzen wie: «Weisst du, ich habe diese stereotypen Bilder auch in mir drin. Auch ich bin rassistisch.» So hole ich die Leute ab. Aber das ist auch anstrengend.
Das ist eine angemessene Form des Widerstands aus einer Palette an Möglichkeiten. Daneben gibt es aber auch konfrontativere Strategien, die vielleicht Sinn machen können. Bei der Allianz gegen Racial Profiling, in der ich mich engagiere, war von Beginn weg klar: Wir initiieren Rechtsverfahren und mobilisieren möglichst viele Initiativen, die die Polizei und Justiz stark kritisieren. Ein anderes Beispiel für eine eher konfrontativere Strategie ist das Kollektiv «Datteltäter» aus Berlin. Die Gruppe antwortet mit provokativer Satire auf antimuslimischen Rassismus. Braucht es nicht mehr solch offensive Initiativen von MuslimInnen in der Schweiz?
Ich versuche die zwei Fragen in einer so zu beantworten: Ich glaube, die Vielfalt der Initiativen macht es aus. Es ist wichtig, dass man sich nicht auf ein Vorgehen verhärtet und alles andere als illegitim abtut. Und Humor ist sicher eine sinnvolle, aber wohl nicht weniger komplizierte Strategie, denn da können Dinge auch falsch verstanden werden.
Zur Frage, ob das die MuslimInnen selbst mehr tun sollen: Ich war früher auch eher kategorisch und sagte: Alle MuslimInnen, die einigermassen privilegiert sind, müssen sich gegen Rassismus einsetzen. Es gibt keine Entschuldigungen. Heute sehe ich das differenzierter. Ich finde es falsch, MuslimInnen derart in die Pflicht zu nehmen. Schon nur, weil auch das eine Form der Gleichsetzung von MuslimInnen ist, der wir ja eigentlich entgegenwirken wollen. Innerhalb der muslimischen Communities gibt es eine solche Heterogenität an Positionierungen: Ich habe ganz andere Möglichkeiten, als eine Muslimin, die von sieben bis fünf arbeitet und daneben noch eine Familie hat. Heute nehme ich die Leute nicht mehr in die Pflicht, sich zu engagieren. Im Gegenteil: Es ist auch wichtig, dass wir uns nicht selbst «islamisieren» und uns nur noch mit unserer gesellschaftlichen Rolle als MuslimInnen beschäftigen. Die Religionszugehörigkeit ist nur ein Teil unserer Identität. Wir sind auch Schülerinnen, Briefmarkensammler und Squash-SpielerInnen.
Empathisch kann ich das sehr gut nachvollziehen. Aber wer, wenn nicht die von antimuslimischem Rassismus Betroffenen selbst, können und müssen sich wehren?
Es geht eben nicht nur um die Musliminnen und Muslimen, und auch nicht einfach um die von Rassismus Betroffenen. Vielmehr braucht es eine gesamtgesellschaftliche Vorstellung darüber, was eine Demokratie ausmacht, die ihren Ansprüchen genügt. Eine Demokratie, für die sich viele und nicht nur sogenannte Benachteiligte engagieren; denn von sozialer Ungleichheit und Demokratiedefiziten betroffen sind wir alle. Wenn wir Freiheit und soziale Gerechtigkeit und Teilhabe stärken möchten, müssen wir ein mehrheitsfähiges gesellschaftliches Unbehagen darüber entwickeln, dass ein Viertel der Bevölkerung keine politischen Rechte hat. Auch braucht es eine Vorstellung darüber, wie wir es als Gemeinschaft schaffen, den zunehmenden rechten und schliessenden Tendenzen etwas entgegenzusetzen. Dies gelingt uns nur, wenn wir gemeinsam an einem Strick ziehen.
Das geht mir jetzt etwas schnell und ist generell. Der spezifische Fokus jenseits vom Anspruch genereller Gleichheit und Freiheit erleichtert es doch, die Diskriminierungsprobleme zu benennen, weil sie sich stark unterschieden. So sind beispielsweise von der Tatsache mangelnder Stand- und Durchgangsplätze ganz konkret Roma, Sinti und jenische Fahrende betroffen. Es braucht doch eine Benennung dieses Problems von den Betroffenen selbst, wenn wir dieses angehen möchten. Gleichzeitig sehe ich, dass der enge gruppenbezogene Fokus antirassistischer Initiativen die Gefahr der Zersplitterung antirassistischer Kämpfe birgt. Siehst du auch diese Gefahr vor Augen, wenn du forderst, dass wir gemeinsam an einem Strick ziehen?
Ich sehe im Zusammenschluss verschiedener marginalisierter Gruppen tatsächlich grosses Potenzial. Unter dem Label des «interreligiösen Dialogs» gibt es beispielsweise immer wieder gemeinsame Initiativen gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus. Ähnliche Zusammenschlüsse wären in feministischen Kreisen wünschenswert. Auch hier liesse sich aufzeigen: Was dir als weisse Frau passiert, geschieht auch mir als muslimisch markierte Frau - wenn auch auf unterschiedliche Weise. Die Grunderfahrung, über keine Stimme zu verfügen oder keine Deutungshoheit zu bekommen, ist die gleiche. Berührungspunkte schaffen ohne die Differenzen zu überblenden: Das wäre für mich das Ziel. Ich finde es beispielsweise toll, wenn am Schluss einer Plenumsdebatte nicht mehr klar ist, wer jetzt eigentlich die Muslimin und wer die Jüdin war. Wenn es einfach viele Stimmen sind, die für bestimmte grundsätzliche Prinzipien wie Chancengleichheit, Teilhabe und Gerechtigkeit einstehen.
Ich würde mir manchmal mehr strategische Solidarität unter verschiedenen antirassistischen Initiativen und Kollektiven untereinander wünschen.
Und darüber hinaus – ich wiederhole mich, aber dieser Punkt ist mir wichtig – braucht es mehr Solidarität von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft mit Menschen, die Rassismus und andere Formen der Diskriminierung erfahren. Im Falle des antimuslimischen Rassismus werden solche Allianzen oft durch die Haltung verhindert, mit Religion nichts zu tun haben zu wollen. Hier werden zudem grobe Kategorienfehler gemacht. Um dich für meine Anliegen einzusetzen musst du an grundlegende Werte glauben: Chancengleichheit, Glaubensfreiheit. Das ist alles. Du musst nicht an meinen Gott glauben.
Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du damit, dass Solidarität im Kampf gegen antimuslimischen Rassismus und Diskriminierungen auch voraussetzt, dass sich Menschen mehr mit ihren verzerrten Vorstellungen über das «Fremde» und «Eigene» auseinandersetzen? Und dass wir uns verstärkt auch die Frage stellen, warum wir gewisse Aspekte eher als «normal» wahrnehmen und andere als Abweichung davon?
Genau, beispielsweise mit der Vorstellung, dass wir in einem komplett säkularisierten Staat leben würden. Häufig geht vergessen, dass das Christentum in der Schweiz nach wie vor rechtliche Privilegien geniesst. Wir leben im Jahr 2019 nach Christus; am Sonntag ist Ruhetag, der an vielen Orten von Kirchenglocken begleitet wird, Ostern und Weihnachten sowie weitere christliche Feste sind gesetzliche Feiertage: Das alles sind Beispiele für eine nach wie vor bestehende Ungleichbehandlung der Religionen. Der Schweizer Staat ist bis heute nicht säkularisiert.
Auch hier plädierst du also für einen kritischen Umgang mit Demokratiedefiziten. Damit triffst du den Anspruch von INES: Könntest du dir vorstellen, dass das Engagement gegen antimuslimischen Rassismus auch in diesem Raum geführt werden könnte?
Er muss. Gerade das Einstehen gegen antimuslimischen Rassismus kann von einer diskursiven Strategie profitieren, die die Vielfalt marginalisierter Positionen betont. Weil dadurch klarer wird, dass es bei antimuslimischem Rassismus eben nicht per se um Religion geht, sondern um Fragen der Diskriminierung und der Teilhabe. Wenn antimuslimischer Rassismus auf der Ebene der Religion verhandelt wird, kommen wir nirgends hin. Fragen wie: «Ist der Islam jetzt tolerant oder nicht?» führen in eine Sackgasse, weil das Grundproblem, der Rassismus, davon nicht angetastet wird. Vielleicht würde es strategisch auch Sinn machen, ganz abstrakt von einer Diskriminierung von Lebensformen zu sprechen. Darunter würde dann auch die sexuelle Orientierung oder eine fahrende Lebensweise fallen. Und erst in einem zweiten Schritt auszuführen, in welcher Weise unsere gesellschaftlichen Institutionen gewisse Bevölkerungsgruppen wie selbstverständlich ausschliessen. Der Sozialwissenschaftler Mark Terkessidis zeigt das am Beispiel der Bibliothek: Was für Bücher stehen im Eingangsbereich? Wer kommt da zu Wort? Und um wessen Lesebedürfnisse geht es? Es sind solche Fragen, die wir uns überall stellen müssen. Um dieses Bewusstsein zu schaffen, braucht es politische Bildung, Sensibilisierung und die Aufwertung von marginalisiertem Wissen. Wir stehen noch ganz am Anfang. In der breiten Bevölkerung ist bis heute nicht angekommen, dass es so etwas wie einen strukturellen antimuslimischen Rassismus überhaupt gibt.
Hier gehts zur Facebook-Seite der Swiss Muslim Stories.
Wednesday, 14. September 2022
Posted by Asmaa Dehbi, Vorstandsmitglied INES
Diversity ist das Wort der Stunde und scheint Garant für eine gerechte und plurale Gesellschaft zu sein. Mit dem Erhalt des Swiss Diversity Awards in der Kategorie «Religion» nimmt die Preisträgerin und INES-Vorstandsmitglied Asmaa Dehbi eine kurze Einordnung des Diversitätsbegriffs vor.
Thursday, 19. May 2022
Posted by Fanny de Weck & Tarek Naguib
Fanny de Weck und Tarek Naguib diskutieren über die Möglichkeiten und Grenzen des Rechts im Kampf um ein Ausländer-, Asyl- und Bürgerrecht frei von Willkür und dafür mehr Gerechtigkeit. Dabei sind sie sich nicht immer einig, was mit einem Rechtsstreit vor Gericht erreicht werden kann und was nicht: wo seine Potenziale und wo seine Grenzen liegen? Letztlich geht es ihnen aber beiden darum, dass die Grund- und Menschenrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte und Rassismuserfahrung auch umgesetzt werden - und dafür muss gekämpft werden.
Saturday, 23. April 2022
Posted by Rahel El-Maawi, Rohit Jain, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib
Die Arbeit des Institut Neue Schweiz INES ist vom Wunsch geprägt, laufende Debatten zu Migration, Diversität und Antirassismus zu dokumentieren, verschiedene Ansätze in Austausch zu bringen und offene strategische Fragen zu diskutieren. Im folgenden Gespräch thematisieren Rahel El-Maawi, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib und Rohit Jain Fragen rund um Identitätspolitik, Repräsentation und Intersektionalität und verbinden diese miteinander. Ein Blogbeitrag in zwei Teilen. Zum Teil 2 des Gesprächs zu Antirassismus in the Making.
Friday, 25. February 2022
Posted by Tino Plümecke & Linda Supik
Der Anstieg der Todesfälle bei Menschen ohne Schweizer Pass ist mit 21,8 Prozent während des Pandemie-Jahres 2020 fast doppelt so hoch wie der von Menschen mit Schweizer Staatsangehörigkeit. Während die Sterberate bei Frauen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in den untersuchten Altersgruppen 45- bis 64-Jährige und 65- bis 74-Jährige leicht abnahmen, stiegen die Sterberaten bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Dies ergibt eine Auswertung der statistischen Daten des Bundes durch unsere Gastautor*innen Tino Plümecke und Linda Supik.
Thursday, 23. December 2021
Posted by Institut Neue Schweiz
In diesem letzten Blog-Beitrag im 2021 geben wir einen Einblick in die vier Vernissagen zum jüngst erschienenen HANDBUCH NEUE SCHWEIZ. Uns war es wichtig, Themen aufzugreifen, die das Institut Neue Schweiz INES auch im kommenden Jahr beschäftigen werden: ein neues Bürgerrecht, eine vielstimmige Bürger:innenschaft, diskriminierungsfreie Teilhabe und eine Schweiz, die für ihr globales Handeln Verantwortung übernimmt.
Monday, 29. November 2021
Posted by Institut Neue Schweiz
Das HANDBUCH NEUE SCHWEIZ (Diaphanes Verlag) ist ab sofort im Buchhandel erhältlich - voller Migration, Vielfalt und Mehrfachzugehörigkeit. Es schafft eine vielstimmige Plattform, die zum Nachdenken, zum Gespräch und zur Diskussion einladen möchte - und die vor allem Mut machen soll: solidarisch und selbstkritisch. Wer sich ein Bild machen möchte, kann hier die Einleitung lesen.
Friday, 10. September 2021
Posted by Anisha Imhasly
An einem Samstagnachmittag anfangs Juni fanden sich rund fünfzig Menschen in der Gessnerallee Zürich ein, um auf Einladung von INES unter dem Titel „Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte“ zu erfahren, wie es um diese Vielfalt in der Kultur bestellt ist. Dies vor dem Hintergrund eines zentralen Anliegens seitens INES: Nämlich, dass sich die demografische Realität der Schweiz in seinen Institutionen – etwa in Politik und Verwaltung, Recht, Medien, Bildung und Kultur – viel stärker abbilden muss. Was hier folgt, ist eine subjektive Einordnung der Diskussionen bzw. einige weiterführende Gedanken zum Thema.
Sunday, 30. May 2021
Posted by Institut Neue Schweiz und Demokratische Juristinnen und Juristen Zürich
In der Schweiz können seit je her Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, ausgeschafft werden. Nur weil sie den Schweizer Pass nicht besitzen. Mit Annahme der Ausschaffungsinitiative und Verschärfungen im Bürgerrecht hat sich die Situation noch mehr verschlechtert. Rechtsanwalt Babak Fargahi, Filmhistorikerin Marcy Goldberg, Buket Bicer-Zimmermann, Schwester eines in die Türkei ausgeschafften Secondo, und Ständerat Paul Rechsteiner haben am 24. Mai 2021 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kosmopolitics über diese Missstände gesprochen. Hier kann das Video angesehen werden.
Friday, 30. June 2023
Posted by Tarek Naguib
Um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, braucht es laut INES eine verfassungsrechtliche Regelung, welche ein Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Gleichstellung verlangt. In diesem Sinne entwickelte INES-Co-Geschäftsleiter und Jurist Tarek Naguib eine Vorlage für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung.
Friday, 1. May 2020
Posted by INES Institute New Switzerland
ECONOMIC NEEDS IN TIMES OF THE CORONA CRISIS MUST NOT ENDANGER RESIDENCE STATUS AND NATURALISATIONS - LET US SHOW SOLIDARITY HERE, TOO!
The corona pandemic is not only a health crisis, but also a social and economic crisis. Many people are threatened by unemployment, will be dependent on social welfare and will have to take on debts, also in Switzerland. The financial and social implications of this are massive, and so are the legal consequences – something many people are unaware of. In decisions on residence status and naturalisation, one of the decisive factors is 'economic integration'. The corona pandemic is therefore a potential existential threat to many people: A quarter of the resident population does not have Swiss citizenship, but supports and helps shape the country on a daily basis.
Monday, 16. January 2023
Posted by Institut Neue Schweiz
Eine Runde der Schweizer Think-Tanks und Foresight Organisationen ist 2022 zusammengekommen, um über die Herausforderungen für die Demokratie zu diskturieren. Das Treffen fand auf Einladung der Stiftung Mercator Schweiz und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft statt. Ziel war es, offensichtliche wie verborgene Entwicklungen zusammenzutragen sowie konkrete Massnahmen zur Stärkung und Entwicklung der Demokratie der Schweiz zu identifizieren.
Wednesday, 14. September 2022
Posted by Asmaa Dehbi, Vorstandsmitglied INES
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Posted by Tino Plümecke & Linda Supik
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Monday, 29. November 2021
Posted by Institut Neue Schweiz
Das HANDBUCH NEUE SCHWEIZ (Diaphanes Verlag) ist ab sofort im Buchhandel erhältlich - voller Migration, Vielfalt und Mehrfachzugehörigkeit. Es schafft eine vielstimmige Plattform, die zum Nachdenken, zum Gespräch und zur Diskussion einladen möchte - und die vor allem Mut machen soll: solidarisch und selbstkritisch. Wer sich ein Bild machen möchte, kann hier die Einleitung lesen.
Sunday, 30. May 2021
Posted by Institut Neue Schweiz und Demokratische Juristinnen und Juristen Zürich
In der Schweiz können seit je her Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, ausgeschafft werden. Nur weil sie den Schweizer Pass nicht besitzen. Mit Annahme der Ausschaffungsinitiative und Verschärfungen im Bürgerrecht hat sich die Situation noch mehr verschlechtert. Rechtsanwalt Babak Fargahi, Filmhistorikerin Marcy Goldberg, Buket Bicer-Zimmermann, Schwester eines in die Türkei ausgeschafften Secondo, und Ständerat Paul Rechsteiner haben am 24. Mai 2021 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kosmopolitics über diese Missstände gesprochen. Hier kann das Video angesehen werden.
Friday, 1. May 2020
Posted by INES Institute New Switzerland
ECONOMIC NEEDS IN TIMES OF THE CORONA CRISIS MUST NOT ENDANGER RESIDENCE STATUS AND NATURALISATIONS - LET US SHOW SOLIDARITY HERE, TOO!
The corona pandemic is not only a health crisis, but also a social and economic crisis. Many people are threatened by unemployment, will be dependent on social welfare and will have to take on debts, also in Switzerland. The financial and social implications of this are massive, and so are the legal consequences – something many people are unaware of. In decisions on residence status and naturalisation, one of the decisive factors is 'economic integration'. The corona pandemic is therefore a potential existential threat to many people: A quarter of the resident population does not have Swiss citizenship, but supports and helps shape the country on a daily basis.