Innovation

Antirassismus in the Making. Ein Werkstattgespräch zu Allianzen, Identitätspolitik und Intersektionalität

Saturday, 23. April 2022

Posted by Rahel El-Maawi, Rohit Jain, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib

 

Die Arbeit des Institut Neue Schweiz INES ist vom Wunsch geprägt, laufende Debatten zu Migration, Diversität und Antirassismus zu dokumentieren, verschiedene Ansätze in Austausch zu bringen und offene strategische Fragen zu diskutieren. Im folgenden Gespräch thematisieren Rahel El-Maawi, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib und Rohit Jain Fragen rund um Identitätspolitik, Repräsentation und Intersektionalität und verbinden diese miteinander (Glossar-Eintrag). Ein Blogbeitrag in zwei Teilen. Zum Teil 2 des Gesprächs zu Antirassismus in the Making.

Verortungen

Tarek Naguib: Ich komme aus dem juristischen Bereich und zwar mit dem Schwerpunkt Antidiskriminierungsrecht. Ich hatte zwischen 2004 bis 2014 in verschiedenen Praxiskontexten gearbeitet. Zum Beispiel bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, dann bei der Fachstelle Égalité Handicap, welche für das Behindertengleichstellungsgesetz lobbyierte. Ich führte in dieser Zeit vor allem Sensibilisierungsveranstaltungen durch und war irgendwann frustriert, weil diese Arbeit eigentlich ein Tropfen auf den heissen Stein war. Es wurde oft über «Vorurteile» gesprochen, doch es war schwierig, über «Macht» zu sprechen. Ich habe dann 2013/2014 einen Kick bekommen, als ein Netzwerk entstand, in dem sich immer mehr Leute an der Schnittstelle von Wissenschaft und Aktivismus engagierten, um eine neue antirassistische Praxis in der Öffentlichkeit auszuprobieren.

Tarek Naguib

Ich überlegte, wie ich als Jurist das Recht als Instrument nutzen könnte, um Handlungsspielräume für emanzipatorische Kämpfe zu unterstützen. Die Idee strategischer Rechtsverfahren (strategic litigation) war dazu ein wichtiger Ansatzpunkt. Mit strategischen Klagen meine ich nicht, konkrete Rechtsprechungen zu erwirken oder Lücken in den Gesetzen aufzuzeigen, sondern: das Charisma und die Autorität des Rechts zu nutzen, um Widerstand zu formulieren und Schwarze Menschen, People of Color, Menschen mit Migrationsgeschichte sowie Alliierte zu mobilisieren, sich gegen strukturelle und institutionelle Formen von Rassismus einzusetzen. Meine intensivsten Erfahrungen dazu habe ich mit der Allianz gegen Racial Profiling gemacht. Ab 2016 nutzten wir das Rechtsverfahren rund um Mohamed Wa Baile, um sichtbar zu machen, dass eine rassistische Polizeihandlung nicht einfach eine Einzeldiskriminierung ist, sondern dass sich in solchen institutionellen rechtsstaatlichen Praxen struktureller Rassismus widerspiegelt. Ziel war es, rund um das Verfahren unterschiedliche Widerstandspraxen auszuloten, sei es in der Forschung, sei es in der Bildung, sei es in kulturpolitischen Formaten wie Tribunalen, Publikationen, Workshops und direkten Interventionen gegen Polizeikontrollen. In Bezug auf unser Gesprächsthema hier: Es fiel uns auf, dass mit Blick auf Racial Profiling Schwarze Männer sehr sichtbar waren, was eine gewisse Legitimation hatte und hat. Aber es betrifft ganz viele andere Menschen auch, z.B. Frauen of Color in der Sexarbeit (Stichwort «Underprotected/Overpoliced»). Ist das auch Racial Profiling und wenn ja, wie unterscheidet sich die Logik bei der Kontrolle von nicht-weissen Sexarbeiter*innen von der Kontrolle von nicht-weissen Männern im Alltag? Oder wie lassen sich polizeiliche Ausschlusspraxen gegenüber fahrenden Roma, Sinti, Jenischen miteinbeziehen, die beim Zugang zu Stand- und Durchgangsplätzen polizeirechtlich diskriminiert werden? Kurz: Es stand – und steht – die Herausforderung an, die spezifischen Konstellationen von Ausschluss in Bezug auf unterschiedliche Gruppen und Kontexte als Teil eines grösseren Systems sichtbar zu machen. Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen. Und INES wurde für mich zu einem Ort, wo sich die spezifischen Problemstellungen des identitätspolitischen Empowerments und der sowohl vielstimmigen als auch bündnisorientierten Repräsentationspolitik in einem grösseren Rahmen zusammenführen liessen.

Franziska Schutzbach: Es hat mich sehr inspiriert, was du gesagt hast. Vor allem die Schnittstelle von Wissenschaft und Aktivismus. Ich verorte nämlich meine politische Praxis beim Transfer von Wissenschaft zu einer interessierten Öffentlichkeit. Ich würde das politische Bildungsarbeit nennen. In der Schweiz gibt es zu wenig Strukturen für politische Bildung. Wenn ich in Deutschland unterwegs bin, habe ich den Eindruck, dass da mehr investiert wird. Nun gut, meine Arbeit dreht sich darum, Gendertheorie und queer-feministische Ansätze – und diese natürlich intersektional gedacht – an eine interessierte Öffentlichkeit zu vermitteln. Wenn ich jetzt über Ziele sprechen soll, dann würde ich dafür plädieren, dass man Strukturen an der Schnittstelle von Wissenschaft, politischer Bildung und Aktivismus aufbauen sollte. INES ist für mich eine solche Institution, die auch politische Bildungsarbeit betreibt und gleichzeitig Empowerment. Es würde mich sehr interessieren, genau so etwas mit einem feministischen Schwerpunkt zu etablieren. Das ist aber nicht der Auftrag der Universitäten. Die Wissenschaftler*innen können politisch sein, aber müssen nicht. Hier müssen Akteur*innen aus anderen Strukturen ins Spiel kommen, die Lust haben auf aktivistische Forschung, die gesellschaftskritische Wissensvermittlung betreiben. Damit muss man sich auch nicht mehr hinter den Dogmen einer Pseudo-Objektivität verstecken, sondern kann sagen: Ja, wir haben einen ideellen Hintergrund, wir haben Ansprüche an emanzipatorische Veränderung der Gesellschaft. Wir wollen gestalten. Das wäre gerade für diejenigen Leute wichtig, die keine klassische Unikarriere machen möchten nach dem Motto: «Entweder man wird Professor*in oder ist nichts». Zurzeit ist es kaum möglich zu forschen, ohne in diesen universitären Strukturen sein zu müssen. Leute, die total wichtige Arbeit an der Schnittstelle von Forschung, Bildung und Aktivismus machen, haben in diesem System kaum einen Wert und steigen früher oder später aus. Diese Krux kennt ihr ja alle (lacht). Neben dieser politischen Bildungsarbeit war für mich in den letzten zehn Jahren auch der Netzaktivismus wichtig; die sozialen Medien habe ich – neben all den negativen Seiten – auch als Self-Empowerment erlebt. Durch kontinuierliche Äusserungen auf meinem Blog, auf Facebook, auf Twitter, konnte ich eine politische Stimme entwickeln und so in den öffentlichen Diskurs eingreifen. So habe ich zum Beispiel den #Aufschrei lanciert, ein #MeToo in der Schweiz «avant la lettre». Dies war der Moment, als ich die emanzipatorische Kraft der sozialen Medien stark spürte und ganz viele Leute auf diesen Zug aufgesprungen sind, die vorher überhaupt nicht politisch oder aktiv in den sozialen Medien waren.

Franziska Schutzbach

Schliesslich gehört zu meiner Arbeit die Bildung von kritischem Bewusstsein im Kampf gegen rechts. Zum einen, weil ich selber von Rechten attackiert wurde. Zum anderen, weil ich in der Schweiz und global eine klare Gefahr antidemokratischer Mobilisierung sehe. In der hiesigen Tagespolitik geht man gemeinsam ein Bier trinken, egal ob jemand gerade eine ultrarassistische Position im Nationalrat durchgedrückt hat. Das Konkordanzsystem und die Konsenspolitik – die auch viele Vorteile haben – ermöglichten es rechten und populistischen Akteur*innen immer darauf zu bestehen, eingebunden zu werden. Es gelten in der Schweiz Meinungen als «normal», d.h. als «bürgerlich», die anderswo als rechtsextrem definiert sind. In Deutschland ist die Abgrenzung konservativer Kräfte gegenüber der AfD ebenfalls teilweise schwammig geworden, ist aber verhältnismässig immer noch klar vorhanden. Diese Abgrenzung findet in der Schweiz kaum statt, da die Rechten schon so stark an der Macht sind. Wer sich distanziert, kriegt sofort den Stempel Antidemokrat*in verpasst. Es ist mir wichtig zu analysieren und aufzuzeigen, wie die rechten Taktiken funktionieren. Gleichzeitig will ich nicht in diesem Kampf «gegen rechts» hängen bleiben und so diesen Akteur*innen Potenz und Macht zusprechen. Ich versuche deshalb bewusst, immer wieder darauf umzulenken, worum es eigentlich geht: nämlich darum, die progressiven, marginalisierten Kräfte zu stärken. Denn: Womit die reaktionäre Mitte eigentlich ein Problem hat, ist, wenn die Gesellschaft pluraler, emanzipierter und antirassistischer wird. Deshalb ist es wirklich wichtig, Graswurzelarbeit zu machen und diejenigen Stimmen zu Wort kommen zu lassen, die nicht oft gehört werden. Wie etwa in diesem Buch, wo wir über die Geschichte(n) Schwarzer Frauen in Biel schreiben. Es sind diese Stimmen, die die reaktionären Tendenzen aufweichen und deutlich machen, dass es längst eine andere, eine plurale Schweiz gibt.

Rahel El-Maawi: Das ist ein guter Übergang zu meiner Arbeit. Ich motiviere Leute, dass sie sich für sich und ihre Anliegen einsetzen – und damit für Gerechtigkeit einstehen. Deshalb bin ich Soziokulturelle Animatorin geworden. Während ich euch zuhörte, realisierte ich, dass sich die Schwerpunkte in meiner emanzipatorischen Arbeit von feministisch zu queerfeministisch, und dann zu antirassistisch erweitert haben. Ich kann diese Veränderungen geradezu in Jahrzehnte einordnen. Mit über vierzig kann man das (lacht). Zurzeit sage ich manchmal auch, dass ich Social Justice Trainerin bin. Da vermischt sich sehr stark die berufliche und aktivistische Arbeit. Vielleicht könnte ich auch sagen ich bin Berufsaktivistin: mit 60% Lohn arbeite ich einfach 100%.

Der zweite Aspekt, der ebenfalls immer eine Rolle spielte, ist der Glaube an demokratische Prozesse. So habe ich das erste Jugendparlament im Kanton Zürich mitbegründet, die erste Zürcher Jugendsession organisiert sowie geleitet und war im Vorstand des Dachverbandes Schweizer Jugendparlament. Klar, in der Schweizer Demokratie gibt es Elemente, die man auch kritisch betrachten kann und muss, wie du, Franziska, schon angedeutet hast. Und trotzdem müssen wir gemeinsam einen Weg finden. Und ich will, dass diejenigen Kräfte, welche nicht so geübt sind, sich einzubringen, dies tun können. Damit meine ich nicht die formelle, institutionelle Politik per se. Ich verstehe das Private als das Politische. Meine Arbeit sehe ich darin, Räume und Plattformen zu kreieren, damit Leute gehört werden. Gleichzeitig geht es mir darum, Leute zu motivieren, kritisch nachzudenken und solche Räume zu nutzen und gemeinsam weiterzuentwickeln. Auch als Lehrbeauftragte vertrete ich diesbezüglich eine ähnliche Haltung in der Arbeit mit Studierenden.

Rahel El-Maawi

Diese Arbeit ist für mich ein Gegengewicht in einer Zeit, wo die rechtsextremistischen Tendenzen und der Rechtspopulismus stark sind. Ich spüre einen Widerstand in mir, mich da zu sehr hineinzubegeben und ich bin sehr dankbar, wenn andere dies aufarbeiten und kritisieren. Mir zieht es selbst zu viel Energie ab und es trifft mich zu persönlich. Ich möchte lieber die Arbeit leisten, die Leute stärkt. Gestern Abend habe ich zum Beispiel einen Antirassismus-Workshop geleitet, an dem 20 Leute teilnahmen und wir gemeinsam versuchten, ins Handeln zu kommen. In der Schlussrunde erwähnten alle, dass sie sich nun zutrauen, Rassismus anzusprechen. Wenn Menschen solche wichtige Schritte machen, dürfen sie auf diesem Weg auch Fehler machen. Daran möchte ich appellieren. Es sind diese zu beobachtenden Aspekte, die mir die Hoffnung geben zum Weitermachen.

Gemeinsam mit anderen gründete ich zudem vor gut sieben Jahren Bla*Sh – Netzwerk Schwarzer Frauen in der Deutschschweiz. An meinem Küchentisch, bei einem Frühstück im Jahr 2013, wurde Bla*Sh geboren – dieses Informelle ist seit Beginn Teil von Bla*Sh (lacht). Bla*Sh war und ist im Kern ein Netzwerk, in dem wir uns gegenseitig unterstützen, auch im Umgang mit Erfahrungen mit Alltagsrassismus. Darüber hinaus haben wir seither auch verschiedene öffentliche Formate entwickelt, um die Stimmen Schwarzer Frauen und non-binärer Personen zu verstärken. So ist die «Mehrstimmige Lesung» entstanden, aber auch die Sammlung «Vor.Bilder.Bücher», damit unsere BIPoC- Kinder sich in Kinderliteratur wiederfinden. Auch organisierten wir verschiedene Gesprächsformate, in denen wir das Engagement Schwarzer Personen in der Schweiz über verschiedene Generationen hinweg sichtbar machten. Es ist ein Zeichen unserer Zeit, dass wir beginnen, eine gemeinsame Praxis zu entwickeln, um uns einzumischen, um uns Gehör zu verschaffen. Wir sind nicht mehr vereinzelt, sondern viele. Bla*Sh ist in kurzer Zeit sehr gross geworden, und auch selbstständig, mehrstimmig und divers. Es ist keine homogene Gruppe mehr. Wir waren von Anfang an grösstenteils gebildete Frauen. Und wir sprachen von einer bestimmten Schwarzfeministischen Position, auch gegen aussen. Aber die Diversität der Erfahrungen im Netzwerk hat sich verändert. Ich empfinde es als eine Stärke, dass über diese Zusammenschlüsse erneut eine Diversität sichtbar wird. Die damit verbundene Arbeit absorbiert im Moment viel Zeit, aber sie ist sehr wertvoll.

Bei INES wiederum arbeite ich an einem Bildungsprojekt mit. Konkret geht es dort darum, dass wir die Geschichten der jungen Menschen in Bezug auf Vielfalt, Zugehörigkeit oder Rassismus hören und kennen: Was erleben Kinder mit Migrationshintergrund in ihrer Bildungskarriere? Wie geht es den Akteur:innen in den Schulen? Auf welche Schwierigkeiten stossen sie zusammen mit ihren Familien? Ich denke, dass wir einen Teil der politischen Arbeit aufgrund konkreter Geschichten machen müssen. Geschichten sind notwendig, weil sie anschaulich sind, weil sie berühren und etwas transportiert werden kann. Ich glaube, die abstrakten Fragen sind für sehr viele zu weit weg, nicht vorstellbar.

Rohit Jain: Ich selbst bin von Hause aus Sozialanthropologe mit Fokus auf Fragen von Migration, Globalisierung und Postkolonialismus. Gleichzeitig wollte ich immer mehr bewirken. Ich war immer politisch interessiert, aus der Notwendigkeit heraus, in der Welt und in der Schweiz «heimisch» zu sein. Ich hatte als Kind indischer Eltern in der Schweiz das Gefühl, dass meine Erfahrungen nicht öffentlich abgebildet waren – und daher irgendwie auch nicht existierten. Ich kann mich erinnern, wie ich mit 15 Jahren den Begriff «Zweite Generation» und dann «Secondo» zum ersten Mal hörte. Da dachte ich: Ah, endlich, das trifft es, das bin ich. Dann fand ich an der Uni ein Thema, um mich mit diesem «unmöglichen Subjektstatus» auseinanderzusetzen. Inhaltlich kam ich aber eher durch Zufall dazu. Ich musste ein Thema für meine Lizentiatsarbeit (Masterarbeit) finden und in dieser Zeit fiel mir auf, dass ich ständig auf die Blackfacing-Comedy-Figur Rajiv angesprochen wurde, die der Kleinkünstler Viktor Giacobbo in seiner Late-Night-Show im Schweizer Fernsehen spielte. Mich störte der Rassismus in der Figur. Ich wusste aber nie, wie ich darauf reagieren sollte, wenn jemand im Alltag mich darauf ansprach – meistens durch das Parodieren eines indischen Englischakzents. Entweder ich war Spielverderber oder leugnete mich selbst. Und da dachte ich, ich mache eine Arbeit darüber. Während meiner Dissertation, die ich danach zur transnationalen Repräsentationspolitik schweizerisch-indischer Second@s schrieb, war ich mehrere Jahre in einem jungen Netzwerk, dessen Mitglieder zur postkolonialen Schweiz arbeiteten. Mit der Zeit wurde mir klar, dass es nicht reicht zu forschen, da ich eigentlich nur durch Aktion und Veränderung heimisch werden könnte. Aber dazu benötigte es Kompliz*innen, die sagten: «Ja komm, das machen wir». Konkret war dies zum Beispiel Katharina Morawek, die damals die Shedhalle Zürich leitete. Zusammen mit ihr, Shpresa Jahari und Geesa Tuch organisierte ich 2015 und 2016 das rassismuskritische Humorfestival Laugh up! Stand up! Dies war ein entscheidender Moment: Ich hatte das erste Mal das Gefühl, nicht allein zu sein. Und, ich machte die Erfahrung, vom Analysieren ins Handeln zu kommen. In dieser Zeit sind diese spannenden rassismuskritischen Netzwerke jenseits vom Mainstream entstanden, die auch ihr angesprochen habt. Dann war ich ab 2015 immer mehr in kollektiven Projekten engagiert, in denen ich versuchte, Ethnographie, Kulturproduktion und Aktivismus zu verbinden, so etwa im Salon Bastarde oder im Berner Rassismus-Stammtisch. Im Kern interessierten mich dabei immer Geschichten, Bilder und Wirklichkeiten aus der postmigrantischen und postkolonialen Schweiz, die aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt wurden. Wie kann man Gegenarchive sichtbar und fruchtbar machen? Wie kann man diese aktivieren, um gesellschaftliche Veränderungen anzustossen?

Rohit Jain

Die Mitarbeit am Aufbau von INES ab 2017 war dann eine entscheidende Phase, wo sich meine strategischen und persönlichen Perspektiven verschoben. Ich fand es bis dahin interessanter und produktiver an den Rändern, in den Zwischenräumen der Gesellschaft zu arbeiten, um ungehindert neue politische Identitäten, utopische Visionen und antirassistischen Praxen zu entwickeln. Ich dachte: Wenn wir zu Medien, zur Politik oder zur Öffentlichkeit sprechen, müssen wir ja zuerst deren Annahmen akzeptieren, und wirken nur reaktiv, statt eigene Positionen und Ansätze zu entwickeln. Für mich war klar, dass die formalen politischen Institutionen in der Schweiz keine genuinen Transformationen befördern können und im allerbesten Fall Ideen aus sozialen Bewegungen ins System integrieren. In den letzten Jahren war ich aber schockiert zu sehen, wie sich protofaschistische Tendenzen weltweit ausbreiten. Nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, in Indien, in Brasilien, Russland und der Türkei. Können wir es uns noch leisten, an den avantgardistischen Rändern der Gesellschaft rumzutummeln? Müssen wir nicht auch in die Institutionen reingehen, müssen wir nicht in die Mitte, müssen wir nicht dort gegen das Biest kämpfen – und damit meine ich nicht nur die Rechten, sondern primär auch die Mitte, die vom strukturellen Rassismus profitiert, aber die Schuld nur zu oft nach rechts ablenkt. So habe ich mich wieder ein wenig aus den avantgardistischen, hybriden Räumen wegbewegt. Das erlaubt allenfalls, mehr zu bewirken, ist aber wieder mit einer gewissen Heimatlosigkeit verbunden. Vielleicht hat dieser Weg auch mit einer Frage zu tun, die mich zurzeit sehr beschäftigt: Welche Rolle sollen wir einnehmen in einem Generationenwechsel in der Bewegung, in unseren Kollektiven und Institutionen? Wir sind alle über vierzig. Wie können wir Platz machen für eine neue, junge Generation und diese von unseren neuen Positionen aus unterstützen?

Identitätspolitik und Repräsentationspolitik

Rohit Jain: Identitätspolitik ist ein Begriff, welcher in der Schweiz vor fünf Jahren nur in Fachkreisen von Aktivist*innen oder Wissenschaftler*innen präsent war. Jetzt ist er in aller Munde. Was versteht ihr unter Identitätspolitik?

Rahel El-Maawi: Wenn weisse Männer für weisse Männer Rechte erschaffen und absichern. Ganz einfach. Ich habe es jetzt einfach mal umgedreht. Ehrlich gesagt, weiss ich nicht genau, worüber man in diesem Diskurs spricht. Ich frage mich ernsthaft, wer will wem was vorwerfen? Und warum machen Minderheiten angeblich Identitätspolitik und die Dominanzgesellschaft macht keine Identitätspolitik? Ich glaube, wir müssen selber für die Rechte kämpfen, die wir wollen. Die Gleichheit wird uns nicht gegeben. Die ist immer erkämpft worden und dafür muss man sich zusammenschliessen, weil man sonst zu einsam ist. Nur so kann man aufzeigen, dass es um strukturelle Probleme geht, um eine systematische Ungleichheit in der Gesellschaft. Wer das Identitätspolitik nenne möchte, kann das von mir aus machen. Ich nenne es nicht so: Denn ich verstehe meine Arbeit nicht als Identitätspolitik, ich habe viel zu viele unterschiedliche Identitäten, die ich vereine. Ich sehe meine Arbeit als Beitrag zu einer intersektionalen Gerechtigkeitspolitik.

Franziska Schutzbach: Mir fällt auf, dass in der Schweiz der Vorwurf der Identitätspolitik in dem Moment passiert, wo massgeblich Frauen die sozialen Bewegungen prägen. Sowohl in der Klimabewegung als auch in der queerfeministischen Bewegung. In den letzten vier Jahren gibt es eine Sichtbarkeit von sozialen Bewegungen durch weibliche Figuren. Durch «Me Too» natürlich sowieso. Und dann heisst es plötzlich: Das ist jetzt Identitätspolitik. Während die Antiglobalisierungs- oder die Occupy-Bewegung noch sehr männlich dominierte Bewegungen waren. Und so unterschiedlich sind die Kritiken ja auch wieder nicht. Ich habe den Verdacht, dass der Vorwurf der Identitätspolitik zurzeit auch stark frauenfeindlich motiviert ist.

Rahel El-Maawi: Ich unterstütze diese These, aber ich glaube nicht nur feindlich gegen Frauen, sondern auch gegen Queers – gerade, wenn sie of Color sind.

Franziska Schutzbach: Ja, genau.

Rahel El-Maawi: Es ist perfid, wie langsam deswegen die soziale Gerechtigkeit voranschreitet, da so eine klare gesellschaftliche Hierarchisierung entsteht, wer an die Macht darf und wer nicht. Jede Gruppe muss wieder neu für sich kämpfen und wird dadurch in diese Identitätsschublade gesteckt; weil wir als Gesellschaft möglichst einen Status quo aufrechterhalten wollen, welcher gewisse Menschen mit Privilegien und Rechten ausstattet. Und heute sind dies vor allem weisse Männer. Vielleicht teilweise noch weisse bürgerliche Frauen, welche dann auch in diesen Zirkel hineinkommen. Aber auch wenn ich mich für Schwarze Menschen einsetze, gibt es hier auch wieder Hierarchien. Ich erreiche gut ausgebildete Frauen und kämpfe mit ihnen, und es gibt klar einen Klassismus, den wir als Netzwerk durchbrechen möchten, aber bisher noch ohne grossen Erfolg. Weniger ausgebildete Personen haben viel weniger Ressourcen, ihre Zeit so einzusetzen, wie wir dies im Netzwerk tun.

Rohit Jain: Ich finde es wichtig zu betonen, dass Nationalismus, Rassismus, Klassismus oder Sexismus eigentlich die Identitätspolitik in Reinkultur darstellen, da sie gewisses Wissen, gewisse Stimmen, gewisse Geschichten und Wirklichkeiten gemäss Race, Gender und Class tendenziell aus der Öffentlichkeit ausschliessen, ja strukturell zensieren, wie Judith Butler schreibt. Diese Ungleichheiten zu benennen, das marginalisierte Wissen zu mobilisieren und dazu politische Identifikationen zu schaffen, ist ja nur eine logische Form von Politik, die eigentlich sehr nahe beim liberalen Modell der Interessenpolitik liegt. Die aktuelle Debatte um Identitätspolitik wurde von rechts lanciert, um Kritik und Widerstand an diesem Status quo zu disqualifizieren. Wenn jemand in einer Debatte «identitätspolitisch» sagt, dann ist jegliche Form von antirassistischer oder feministischer Kritik sofort diffamiert, weil es spalterisch sei, gar die Dominanzgesellschaft diskriminiere oder Tugendterror sei. Das gleiche kennen wir alle auch, wenn Kritik als «politisch korrekt» lächerlich gemacht wird. Diese grössere ideologische Bewegung ist jetzt auch in der Mitte angekommen – und auch in gewissen Teilen der Linken à la Sahra Wagenknecht, wo die sogenannte soziale Frage gegen Fragen von Gender, Queerness und Race ausgespielt wird, statt die Themen zu verbinden und ihre Strukturen zu diversifizieren. Ich sehe daher Identitätspolitik vor allem als ein umkämpftes Diskursfeld, in dem Kritik am Status quo verunglimpft wird. Aber tatsächlich tauchen auch wichtige Fragen auf, wie etwa diejenige nach Repräsentation und Solidarität: Kann etwa nur eine Person of Color über Rassismus sprechen und sich dagegen einsetzen? Wenn man zu deutlich sagt «Wir als People of Color wollen über unsere Erfahrung sprechen», gibt es auch Leute, welche sagen: «Ich bin sehr mit euch, aber irgendwie fühle ich mich ausgeschlossen. Wie kann ich mich engagieren?»

Rahel El-Maawi: Menschen, die nicht selber betroffen sind, können sich einsetzen, in dem sie zuhören und sich dann als Alliierte einsetzen. Also die eigenen Privilegien hinterfragen und denen zuhören, die diese Privilegien eben nicht haben. Ich muss mich ja auch mit meiner Cis-Identität auseinandersetzen und meine eigenen Privilegien hinterfragen.

Franziska Schutzbach: Ich finde es sehr wichtig, sich Raum zu nehmen, um aus der eigenen Betroffenheit, aus der eigenen Erfahrung heraus Politik zu machen. Aber ich finde auch den Anspruch wesentlich, dass ich mich für Themen einsetze, wenn ich selber nicht direkt betroffen bin. Warum sollte ich dies nicht können? Natürlich fordert dies eine gewisse Sensibilität. Ich falle womöglich auf die Schnauze. Ich erhalte Kritik. Zum Beispiel von Trans Menschen, wenn ich etwas transfeindlich formuliert habe. Aber das heisst ja nicht, dass ich danach beleidigt bin und mich anschliessend nicht weiter engagieren darf oder soll. Es ist notwendig, dass sich weisse Leute öffentlich zu Antirassismus äussern. Das Risiko, dass man etwas falsch macht, besteht natürlich. Ich habe einmal ein Interview zu dieser M-Kopf-Debatte gegeben, wo ich haderte und dachte: Ist das jetzt richtig, darüber zu sprechen, warum dieser Begriff schwierig ist? Habe ich dazu genug und legitime Expertise? Ich habe mich mit unterschiedlichen Leuten ausgetauscht. Einige fanden es problematisch und andere sagten, ich soll es unbedingt machen, da ich zwar vielleicht angegriffen werde, aber sicher nicht rassistisch, wie es bei People of Color der Falle wäre. Es braucht kritische Reflexionen darüber, wer wie zu welchen Themen spricht, das ist klar. Doch das Resultat kann sicher keine allgemeine Regel sein, dass nur noch diejenigen sprechen, die zu einem Thema eigene Erfahrungen haben. Das würde wichtige Bündnisse, Allianzen und Bündelung der Kräfte verunmöglichen. Das schliesst wiederum nicht aus, dass es manchmal absolut Sinn macht, dass vor allem die Betroffene sprechen. Es gibt ja nicht nur Entweder-oder.

Tarek Naguib: Das finde ich auch. Ich glaube nichtsdestotrotz, dass eine grosse Verunsicherung vorherrscht, wie man emanzipatorische Praxen in dem umkämpften Diskursfeld der Identitätspolitik umsetzen kann und soll. Einerseits scheint es mir wichtig, dass man spezifische, strukturelle Ausschlusslogiken benennt. Ich meine, es ist ja klar, dass man als Mensch mit einer Mobilitätsbehinderung ganz spezifische Probleme erfährt, etwa den Zugang zum öffentlichen Verkehr, und diese thematisieren muss. Und dass zum Beispiel Menschen, die antiziganistischen Rassismus erfahren wieder andere spezifische Problemstellen und ihre eigene Geschichte haben – wobei auch im «Binnenverhältnis» grosse Unterschiede bestehen: So ist eine sesshafte Romnja anderen Formen des Antiziganismus ausgesetzt wie ein weisser jenischer Fahrender. Ich glaube hier würde ich den Begriff Identitätspolitik, obwohl ich ihn nicht sehr oft verwende, auch nicht negativ betrachten. Andererseits muss möglich sein, dass unterschiedliche Priorisierungen in den emanzipatorischen Kämpfen stattfinden. Ich habe lange im Bereich der Behindertengleichstellung gearbeitet. Jetzt fokussiere ich mich auf die Allianz gegen Racial Profiling. Das ist ein anderer, spezifischer Kontext. Wir müssen uns aber die Frage stellen: Wie können wir angesichts der unterschiedlichen Zeitlichkeiten, Organisationsformen und Priorisierungen, Raum schaffen für die Solidarisierung untereinander? Wie strukturieren wir – zum Beispiel bei INES – Debatten, in denen unterschiedliche Kämpfe in Austausch kommen? Was hat man für ein gemeinsames Ziel? Schafft man es, das Gemeinsame zu bündeln und gleichzeitig das Spezifische immer wieder zuzulassen? Für mich sind identitätspolitische Strategien wichtig in diesen Kämpfen um mehr Gleichheit. Und gleichzeitig ist damit die Herausforderung verbunden, wie man es schafft, untereinander solidarisch zu sein und voneinander zu lernen.

Rohit Jain: Ich bin einverstanden, sehe da aber noch kaum Versuche, die Dinge zusammenzudenken und zusammenzubringen. Ich glaube es gibt noch zu wenige solcher verbindenden und überschneidenden Debatten, Positionen und Räume. Diese müssen wir aktiv schaffen. Das ist das eine, und das andere ist, dass wir selbst beim Sprechen nur allzu oft zu Vereinfachungen tendieren. Ist das so, weil wir zu wenig Zeit haben, da wir politische Arbeit machen und diese immer sehr dringlich wirkt, oder weil die Medien so funktionieren. Wir sprechen zum Beispiel von antimuslimischem Rassismus, anti-Schwarzem Rassismus, antiziganistischem Rassismus, als wären es klar voneinander trennbare Erfahrungen und Mechanismen, obwohl sie natürlich eng miteinander verschränkt sind: historisch, politisch, theoretisch. Wir müssen aufpassen, dass wir Identitäten, Erfahrungen und Körper dadurch nicht «verobjektivieren». Das wird dann so in der Öffentlichkeit und in der Bewegung aufgenommen, verbreitet. Der afroamerikanische Diskurs zu Race ist in den letzten Jahren sehr stark geworden. Es hat auch hier viel ausgelöst, was gut ist, aber wir müssen Rassismus in der Schweiz und Europa verorten, analysieren und bekämpfen. Im europäischen Kontext spielen Kolonialismus, Migration, Antisemitismus und Antiziganismus auf eine andere Art zusammen als in der ehemaligen Sklavenhaltergesellschaft der USA. Das heisst nicht, dass es hier weniger relevant ist – nur anders. Zudem ist hier der Begriff «Rasse» seit dem Holocaust so stark verpönt, dass ein «Rassismus ohne Rassen» wirksam ist. Man vergisst hierzulande in der Hitze des Gefechtes schnell, dass Race eigentlich ein Konstrukt ist, eine strukturelle Position in der Gesellschaft, die subjektive Erfahrungen und soziale Beziehungen prägt, und nicht eine Essenz der Hautfarbe oder des Körpers. Wenn man in den USA von Race spricht, ist es für die meisten Beteiligten in den aktivistischen, wissenschaflichen oder medialen Debatten klar, dass es sich um ein tief verankertes politisches Konstrukt handelt, das Lebenschancen existenziell prägt. Hierzulande muss man wirklich auch aufpassen mit zu eindeutigen Zuschreibungen. Im Worst Case könnte dies sonst bedeuten, dass man beginnt, sich selbst oder andere zu essenzialisieren.

Rahel El-Maawi: Ja, das ist ein Problem. Du hast vorhin gesagt, dass wir einen vielschichtigen Diskurs stärken müssen. Einen solchen Diskurs benötigt es auf jeden Fall, damit unser Handeln spezifischer sein kann und wir in der Überschneidung mehr erkennen können. Zudem stelle ich fest, dass die Race-Diskussionen sehr akademisch geprägt sind. Wir akademisch geschulten Leute müssen einen Weg finden, damit die Argumente für alle verständlich werden. Damit es einen Effekt auslöst und wir als Gesellschaft lernen. Wenn ich das sage, habe ich eine jüngere, nicht-akademische Generation vor Augen, die eine solche Vermittlung benötigt, damit sie Lust hat, sich anzuschliessen und diese emanzipatorische Bewegung zu unterstützen.

Ethik & Mikropolitik

Rohit Jain: Du, Franziska, hast immer wieder thematisiert, dass du eine Politik problematisch findest, wenn sie zu streng und erbarmungslos ist. Gerade mit Leuten, welche wenig Erfahrung mit gewissen Themen haben.

Franziska Schutzbach: Die Art und Weise, wie miteinander umgegangen wird, erscheint mir tatsächlich oft problematisch – gerade im Internet. Das ist übrigens nicht nur ein Problem von rechts. Die Linken können erbarmungslos sein und die Nuancen in den Debatten werden zum Teil nicht mehr wahrgenommen. Es ist nicht das Gleiche, ob jemand eine transfeindliche Position vertritt, weil er tatsächlich gegen Trans Menschen ist oder ob jemand einfach einen Begriff falsch benutzt. Man muss zuerst wissen, dass es nicht «Geschlechtsumwandlung», sondern Geschlechtsangleichung heisst. Das weiss man nur, wenn man sich intensiv damit beschäftigt hat – zudem ändert sich der Diskurs sehr schnell. Im Netz besteht ein aktivistisches Potenzial, Druck aufzubauen und dies ist für meine feministische Politisierungsarbeit wichtig gewesen. Es gibt Shitstorms, die berechtigt sind. Allerdings gibt es immer wieder Formen des calling out, die mich abstossen. Wir brauchen eine abstufende Unterscheidung zwischen schwerwiegenden Verfehlungen und kleineren Fehltritten, die ohne böse Absicht erfolgen. Auch die Letzteren sollten dann benannt und problematisiert werden, aber verhältnismässig und ohne Forderungen nach Entlassung oder Rücktritt. In analogen Gesprächen ist es oft so, dass man sich an den Mindeststandard von Anstand hält und die Leute nicht sofort total in die Pfanne haut. Und dieselben Leute, die in real life relativ gelassen sind, können dann auf Social Media unerwartet aggressiv werden. Und ich will mich da gar nicht ausschliessen. Ich glaube, wir brauchen hier eine neue Kultur, wir müssen Umgangsformen und auch Fehlertoleranz entwickeln, genau wie wir es in der analogen Welt haben. Ich rede nicht nur von Gesetzen oder juristischem Vorgehen gegen Hate Speech. Wir haben jetzt 15 Jahre lang die neuen Möglichkeiten genutzt, um im Netz zu kommunizieren und zu mobilisieren, es braucht nun aus meiner Sicht auch gewisse «Zivilisierungsprozesse». So, wie wir in der analogen Welt in der Regel auch nicht gleich gewalttätig auf Menschen losgehen, wenn sie Dinge sagen, die uns nicht passen.

Tarek Naguib: Da bin ich voll dabei. Hinzu kommt: Ich sehe momentan wenig Spielraum, kontroverse Debatten digital produktiv zu führen, solange es darum geht, schnell zu reagieren und Standpunkte unter auch Unbekannten auszutauschen. Einfache Missverständnisse und auch Übergriffe sind da vorprogrammiert. Darum verwende ich die sozialen Medien momentan vor allem als Einwegkommunikation, wo ich mich mit einem Gedanken äussere, aus anschliessenden Kommentardiskussionen halte ich mich meist raus.

Rahel El-Maawi: Ich schreibe einzelne private Nachrichten. Ich versuche die Leute individuell und auf ihr Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Alle haben das Recht, etwas falsch zu machen und sich zu verbessern – ohne öffentliche Ächtung.

Franziska Schutzbach: Genau, du hast ja ganz am Anfang die Fehlerkultur angesprochen, Rahel, die in deinen Antirassismus-Workshops wichtig ist. Gerade wenn die Grundbereitschaft zum Dialog existiert, dann ist die Fehlertoleranz sehr wichtig.

Tarek Naguib: Ja, das kommt nicht von allein. Wenn wir politische Bildung betreiben, haben wir eine grosse Verantwortung. Ich versuche einmal ein Beispiel aus dem Kontext der Allianz gegen Racial Profiling zu nennen. Am Anfang war die Allianz gegen Racial Profiling stark von Mohamed Wa Baile und seinem Fall geprägt. Er hat mehrere Schwarze Männer angefragt, sich auch öffentlich dazu zu äussern. Und dann ist einmal ein weisser, jenischer Fahrender dazugestossen und hat erzählt, dass er stets Bewilligungen und den Strafregisterauszug zeigen müsse. Es kam zu einem spannenden Moment zwischen Mohamed und ihm und der Frage, ob das jetzt auch Racial Profiling sei. Aus dieser Auseinandersetzung entstand der Impuls: Wir müssen das Thema komplizierter angehen und wir müssen uns solidarisieren. Aber plötzlich wurde dann das Wort «Zigeuner» von jemandem gesagt, in einem Kontext mit einer hohen Sensibilität bezüglich dem N-Wort oder der M-Wort-Debatte.

Rahel El-Maawi: Du meinst das Z-Wort.

Tarek Naguib: Das war ja genau der Punkt und der jenische Fahrende hat interveniert. Ich bringe diese kleine Anekdote, weil sie beschreibt, wie ein Raum entstanden ist, wo Solidarisierung via Sprachkultur stattgefunden hat. Dort ist die Frage: Wie schaffen wir es, diese Solidarisierung strategisch zu organisieren?

Rohit Jain: Bei der Frage, von wo und wem der Impuls für solche Gespräche und Veränderungen kommt, sehe ich eine seltsame Ambivalenz. Zum einen möchten wir People of Color eigene Stimmen entwickeln und unsere Themen selbst repräsentieren. Gleichzeitich verstehe ich, wenn man nicht ständig Alliierten, den Medien oder Institutionen erklären will, was sie tun sollen: Do your homework! Wenn aber wiederum jemand die «Hausaufgaben nicht richtig» gemacht hat, sind es trotzdem oft wieder People of Color oder ganz verbissene Weisse, die sagen: Hey, du hast die Hausaufgaben nicht gemacht. Schlussendlich halten wir uns dadurch alle selbst in der Schublade «Race» gefangen. Für mich persönlich ist die Frage: Wie kommt man da raus und kann gleichzeitig neue antirassistische Öffentlichkeiten schaffen? Es ist mir daher ein persönliches Anliegen, weisse Alliierte und Freund*innen zu finden, in welche ich Vertrauen habe und sagen kann: Wir haben gemeinsame Kämpfe. Und da gehört es für alle Beteiligten – natürlich auch für mich – dazu, Differenzen anzuerkennen, eigene Privilegien in Frage zu stellen und Beziehungen neu zu gestalten.

Rahel El-Maawi: Ich würde sagen, es gibt unterschiedliche biografische Momente. Und es gibt Menschen, die Kapazitäten und Privilegien haben, wie zum Beispiel ich, eine solche Arbeit zu machen und Leute zu sensibilisieren. Andere stehen biografisch an einem anderen Punkt und können und wollen diese Arbeit nicht machen. Es ist dabei wichtig, dass wir zusammenkommen und Räume kreieren, wo man offen spricht. Wo auch Fehler gemacht werden dürfen und die Bereitschaft besteht, daraus zu lernen. Ich werde auch in gewissen Fragen korrigiert und das ist auch richtig so. Nur so steigere ich meine Sensibilität. Wir müssen lernen, einen Umgang mit Kritik zu finden. Das ist soziales Lernen. Voraussetzung dafür ist einerseits ein Verständnis, dass wir alle rassistisch sozialisiert wurden und dies jetzt verlernen müssen. Und andererseits müssen wir anerkennen, dass es sich viele zu wohnlich eingerichtet und die Arbeit den Betroffenen überlassen haben – und dabei nicht erkennen, dass sie es sind, die etwas verändern könnten. Was ich selbst am Lernen bin, ist, immer zu intervenieren. Vorbild ist mir Sara Ahmeds Figur «the feminist killjoy». Dabei gibt es Kontexte, bei denen ich nachsichtiger bin, und es gibt Kontexte, da bin ich nicht so nachsichtig. Ich bin kritisch, wo sich Leute auf die Fahne schreiben: Ich bin links und kämpfe für Social Justice, sich aber nicht überlegen, wie Sprache ausschliesst, welche Privilegien sie haben und wer wie viel Teilhaberrechte hat. Die Bereitschaft, weiter darüber zu reflektieren, möchte ich spüren. Jede Person ist in der Mitverantwortung, Diskriminierung abzubauen.

Rohit Jain: Die Frage der Verletzlichkeit, die du anschneidest, scheint mir generell eine wichtige Ressource in diesem transformativen Prozess. Humor ist da ein gutes Beispiel, weil es sehr persönlich ist. Oft passiert es ja, dass jemand oder eine Organisation wegen eines rassistischen oder sexistischen Witzes kritisiert wird und dann darauf beharrt, diesen verteidigt und schliesslich wiederholt – sei dies im Alltag, an der Fasnacht oder in der Comedy. Die Akteur*innen des Schweizer Fernsehens waren im Umgang mit Blackfacing rund um den Skandal um Oprah Winfrey ein Paradebeispiel dafür. Dabei könnte ein selbstkritischer Umgang gerade erlauben, sich in Bewegung zu setzen, etwas zu lernen – und im besten Fall neue Humorformen zu entwickeln. Die Fähigkeit, Fehler zuzugeben und sich dadurch verletzlich zu zeigen, würde erlauben, die historisch gewachsenen Identitätsmuster und Machtverhältnisse zu hinterfragen und sich zu verändern. Das muss in der Dominanzgesellschaft klar werden: Es geht nicht primär um Unterstützung von Marginalisierten, sondern um eine Transformation, die alle verändert und allen etwas bringt. Auch ich als Aktivist of Color muss in diesem Prozess eine gewisse Verletzlichkeit zeigen, statt alles im Griff zu haben. Manchmal habe ich das Problem, dass ich eigentlich lieber Fragen stellen oder Ambivalenzen diskutieren möchte, aber die Leute möchten oft wissen, wie es ist oder was man tun sollte. Dadurch entsteht erstens ein neues Hierarchieverhältnis und zweitens werden die Probleme vereinfacht. Ich glaube, das passiert, wenn Rassismus als moralisches, individuelles Fehlverhalten verstanden wird, für dessen Lösung es eine Handlungsanleitung gibt. Stattdessen besteht das politische Projekt des Antirassismus wohl eher darin, sich als Teil rassifizierter Beziehungen, Diskurse und Strukturen zu reflektieren, um diese kollektiv zu verändern. Es braucht die Bereitschaft, Widersprüche auszuhalten, statt klare Antworten zu suchen.

Ende des ersten Teils des Gesprächs. Zum Teil 2 des Werkstattsprächs Antirassismus in the Making.

Gruppenbild: Das Gespräch zwischen Rahel El-Maawi, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib und Rohit Jain fand am 16. Januar 2020 im Schwobhaus in Bern statt.

Informationen zu den Gesprächsteilnehmer*innen

Rahel El-Maawi ist soziokulturelle Animatorin. Nach zehnjähriger Tätigkeit in der Quartierarbeit des Gemeinschaftszentrums Zürich-Altstetten war sie bis 2016 Dozentin an der Hochschule Luzern Soziale Arbeit und leitete das Kompetenzzentrum Zivilgesellschaft und Beteiligung. Zurzeit absolviert sie eine Ausbildung in expressive-art education am Tamalpa Institute in Weigendorf (DE) und arbeitet freiberuflich sowie als Lehrbeauftragte. Seit einigen Jahren beschäftigt sie sich mit Körper in Raum und Zeit und erforscht ergänzende Möglichkeiten, wie Bewegung und Tanz ihre soziokulturelle Praxis erweitern können. Neben verschiedenen kulturellen und politischen Engagements ist Rahel El-Maawi Mitinitiantin* des Netzwerks Bla*Sh und lancierte die Veranstaltungsreihe bla*sh präsentiert.

Rohit Jain ist promovierter Sozialanthropologe und künstlerischer Forscher mit Fokus auf Migration, Postkolonialismus und Repräsentationspolitik. Bis Februar 2019 war er Co-Geschäftsführer von INES. Er hat an künstlerischen Forschungsprojekten der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK zur Ästhetik der Agglomeration und zum Schweizer Goldhandel (mit knowbotiq) sowie zu Urban Citizenship an der Shedhalle Zürich mitgewirkt. Rohit Jain ist Mitbegründer verschiedener kulturpolitischer Interventionen wie dem Berner Rassismus-Stammtisch und dem erinnerungspolitischen Projekt Schwarzenbach-Komplex. Seine Dissertation ist 2018 unter dem Titel Kosmopolitische Pioniere. Inder_innen der zweiten Generation aus der Schweiz zwischen Assimilation, Exotik und globaler Moderne bei transcript erschienen.

Tarek Naguib ist Jurist, forscht und lehrt an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW mit Schwerpunkt im Antidiskriminierungsrecht. Zu seinen Themen gehören Critical Race Theory, Legal Disability Studies und Legal Gender Studies. Er ist Mitbegründer von INES und des Schweizer Netzwerks für Diskriminierungsforschung SNDF. Ausserdem engagiert er sich als Aktivist in der Allianz gegen Racial Profiling und begleitet strategische Rechtsverfahren gegen strukturelle Diskriminierungen. Er ist Mitherausgeber des jüngst erschienen Readers Racial Profiling. Struktureller Rassismus und antirassistischer Widerstand (2019).

Franziska Schutzbach, geboren in Deutschland, lebt in Basel, ist Geschlechterforscherin, Soziologin und freie Autorin, mit Schwerpunkt rechtspopulistische Diskursstrategien, Antifeminismus und Anti-Gender-Mobilisierungen, maskulistische Netzwerke sowie reproduktive Gesundheit und Rechte. Sie ist Lehrbeauftragte an der Universität Basel und hat zuletzt, zusammen mit Fork Burke und Myriam Diarra, ein Buch über Schwarze Frauengeschichte in der Schweiz herausgegeben: I Will Be Different Every Time. Schwarze Frauen in Biel/Femmes noires à Bienne/Black women in Bienne (2020).

 

 

Diversity Unpacked – Kommentar zu einem schillernden Begriff

Wednesday, 14. September 2022

Posted by Asmaa Dehbi, Vorstandsmitglied INES

 

Zum vierten Mal wurden in Bern verschiedene Akteur:innen und Projekte im Bereich Diversität und Inklusion ausgezeichnet. (Bild: Sandra Blaser)

Diversity ist das Wort der Stunde und scheint Garant für eine gerechte und plurale Gesellschaft zu sein. Mit dem Erhalt des Swiss Diversity Awards in der Kategorie «Religion» nimmt die Preisträgerin und INES-Vorstandsmitglied Asmaa Dehbi eine kurze Einordnung des Diversitätsbegriffs vor.

Vor Gericht die Schweizer Migrationspolitik ändern? Eine Debatte über Möglichkeiten und Grenzen des Rechtswegs zur Erreichung politischer Fortschritte

Thursday, 19. May 2022

Posted by Fanny de Weck & Tarek Naguib

 

Fanny de Weck und Tarek Naguib diskutieren über die Möglichkeiten und Grenzen des Rechts im Kampf um ein Ausländer-, Asyl- und Bürgerrecht frei von Willkür und dafür mehr Gerechtigkeit. Dabei sind sie sich nicht immer einig, was mit einem Rechtsstreit vor Gericht erreicht werden kann und was nicht: wo seine Potenziale und wo seine Grenzen liegen? Letztlich geht es ihnen aber beiden darum, dass die Grund- und Menschenrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte und Rassismuserfahrung auch umgesetzt werden - und dafür muss gekämpft werden.

Antirassismus in the Making. Ein Werkstattgespräch zu Allianzen, Identitätspolitik und Intersektionalität

Saturday, 23. April 2022

Posted by Rahel El-Maawi, Rohit Jain, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib

 

Die Arbeit des Institut Neue Schweiz INES ist vom Wunsch geprägt, laufende Debatten zu Migration, Diversität und Antirassismus zu dokumentieren, verschiedene Ansätze in Austausch zu bringen und offene strategische Fragen zu diskutieren. Im folgenden Gespräch thematisieren Rahel El-Maawi, Franziska Schutzbach, Tarek Naguib und Rohit Jain Fragen rund um Identitätspolitik, Repräsentation und Intersektionalität und verbinden diese miteinander. Ein Blogbeitrag in zwei Teilen. Zum Teil 2 des Gesprächs zu Antirassismus in the Making.

Wer sterben gelassen wird: Strukturelle Differenzierungen in der Pandemie

Friday, 25. February 2022

Posted by Tino Plümecke & Linda Supik

 

Der Anstieg der Todesfälle bei Menschen ohne Schweizer Pass ist mit 21,8 Prozent während des Pandemie-Jahres 2020 fast doppelt so hoch wie der von Menschen mit Schweizer Staatsangehörigkeit. Während die Sterberate bei Frauen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in den untersuchten Altersgruppen 45- bis 64-Jährige und 65- bis 74-Jährige leicht abnahmen, stiegen die Sterberaten bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Dies ergibt eine Auswertung der statistischen Daten des Bundes durch unsere Gastautor*innen Tino Plümecke und Linda Supik.

Einblick in die Vernissagen zum HANDBUCH NEUE SCHWEIZ - mit Ausblick ins kommende Jahr

Thursday, 23. December 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

In diesem letzten Blog-Beitrag im 2021 geben wir einen Einblick in die vier Vernissagen zum jüngst erschienenen HANDBUCH NEUE SCHWEIZ. Uns war es wichtig, Themen aufzugreifen, die das Institut Neue Schweiz INES auch im kommenden Jahr beschäftigen werden: ein neues Bürgerrecht, eine vielstimmige Bürger:innenschaft, diskriminierungsfreie Teilhabe und eine Schweiz, die für ihr globales Handeln Verantwortung übernimmt.

Handbuch #NeueSchweiz - für alle, die hier sind und noch kommen werden

Monday, 29. November 2021

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Das HANDBUCH NEUE SCHWEIZ (Diaphanes Verlag) ist ab sofort im Buchhandel erhältlich - voller Migration, Vielfalt und Mehrfachzugehörigkeit. Es schafft eine vielstimmige Plattform, die zum Nachdenken, zum Gespräch und zur Diskussion einladen möchte - und die vor allem Mut machen soll: solidarisch und selbstkritisch. Wer sich ein Bild machen möchte, kann hier die Einleitung lesen.

Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte

Friday, 10. September 2021

Posted by Anisha Imhasly

 

Gruppenbild im Anschluss an die kulturpolitische Debatte, Gessnerallee Zürich, Juni 2021

An einem Samstagnachmittag anfangs Juni fanden sich rund fünfzig Menschen in der Gessnerallee Zürich ein, um auf Einladung von INES unter dem Titel „Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte“ zu erfahren, wie es um diese Vielfalt in der Kultur bestellt ist. Dies vor dem Hintergrund eines zentralen Anliegens seitens INES: Nämlich, dass sich die demografische Realität der Schweiz in seinen Institutionen – etwa in Politik und Verwaltung, Recht, Medien, Bildung und Kultur – viel stärker abbilden muss. Was hier folgt, ist eine subjektive Einordnung der Diskussionen bzw. einige weiterführende Gedanken zum Thema.

In der Schweiz Zuhause – ausgeschafft in ein fremdes Land

Sunday, 30. May 2021

Posted by Institut Neue Schweiz und Demokratische Juristinnen und Juristen Zürich

 

Babak Fargahi, Rechtsanwalt

In der Schweiz können seit je her Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, ausgeschafft werden. Nur weil sie den Schweizer Pass nicht besitzen. Mit Annahme der Ausschaffungsinitiative und Verschärfungen im Bürgerrecht hat sich die Situation noch mehr verschlechtert. Rechtsanwalt Babak Fargahi, Filmhistorikerin Marcy Goldberg, Buket Bicer-Zimmermann, Schwester eines in die Türkei ausgeschafften Secondo, und Ständerat Paul Rechsteiner haben am 24. Mai 2021 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kosmopolitics über diese Missstände gesprochen. Hier kann das Video angesehen werden.

OPEN LETTER TO THE FEDERAL COUNCIL

Friday, 1. May 2020

Posted by INES Institute New Switzerland

 

ECONOMIC NEEDS IN TIMES OF THE CORONA CRISIS MUST NOT ENDANGER RESIDENCE STATUS AND NATURALISATIONS - LET US SHOW SOLIDARITY HERE, TOO!

The corona pandemic is not only a health crisis, but also a social and economic crisis. Many people are threatened by unemployment, will be dependent on social welfare and will have to take on debts, also in Switzerland. The financial and social implications of this are massive, and so are the legal consequences – something many people are unaware of. In decisions on residence status and naturalisation, one of the decisive factors is 'economic integration'. The corona pandemic is therefore a potential existential threat to many people: A quarter of the resident population does not have Swiss citizenship, but supports and helps shape the country on a daily basis.

Arbeitspapier Baustelle Demokratie

Monday, 16. January 2023

Posted by Institut Neue Schweiz

 

Eine Runde der Schweizer Think-Tanks und Foresight Organisationen ist 2022 zusammengekommen, um über die Herausforderungen für die Demokratie zu diskturieren. Das Treffen fand auf Einladung der Stiftung Mercator Schweiz und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft statt. Ziel war es, offensichtliche wie verborgene Entwicklungen zusammenzutragen sowie konkrete Massnahmen zur Stärkung und Entwicklung der Demokratie der Schweiz zu identifizieren.

Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung

Friday, 30. June 2023

Posted by Tarek Naguib

 

Quelle: Aktion Vierviertel

Um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, braucht es laut INES eine verfassungsrechtliche Regelung, welche ein Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Gleichstellung verlangt. In diesem Sinne entwickelte INES-Co-Geschäftsleiter und Jurist Tarek Naguib eine Vorlage für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung.

Diversity Unpacked – Kommentar zu einem schillernden Begriff

Wednesday, 14. September 2022

Posted by Asmaa Dehbi, Vorstandsmitglied INES

 

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Thursday, 23. December 2021

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Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte

Friday, 10. September 2021

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An einem Samstagnachmittag anfangs Juni fanden sich rund fünfzig Menschen in der Gessnerallee Zürich ein, um auf Einladung von INES unter dem Titel „Demokratie und Vielfalt in der Kultur – eine kulturpolitische Debatte“ zu erfahren, wie es um diese Vielfalt in der Kultur bestellt ist. Dies vor dem Hintergrund eines zentralen Anliegens seitens INES: Nämlich, dass sich die demografische Realität der Schweiz in seinen Institutionen – etwa in Politik und Verwaltung, Recht, Medien, Bildung und Kultur – viel stärker abbilden muss. Was hier folgt, ist eine subjektive Einordnung der Diskussionen bzw. einige weiterführende Gedanken zum Thema.

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Friday, 1. May 2020

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The corona pandemic is not only a health crisis, but also a social and economic crisis. Many people are threatened by unemployment, will be dependent on social welfare and will have to take on debts, also in Switzerland. The financial and social implications of this are massive, and so are the legal consequences – something many people are unaware of. In decisions on residence status and naturalisation, one of the decisive factors is 'economic integration'. The corona pandemic is therefore a potential existential threat to many people: A quarter of the resident population does not have Swiss citizenship, but supports and helps shape the country on a daily basis.

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Friday, 30. June 2023

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Um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, braucht es laut INES eine verfassungsrechtliche Regelung, welche ein Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Gleichstellung verlangt. In diesem Sinne entwickelte INES-Co-Geschäftsleiter und Jurist Tarek Naguib eine Vorlage für ein Rahmengesetz zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung.

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Monday, 29. November 2021

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Babak Fargahi, Rechtsanwalt

In der Schweiz können seit je her Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, ausgeschafft werden. Nur weil sie den Schweizer Pass nicht besitzen. Mit Annahme der Ausschaffungsinitiative und Verschärfungen im Bürgerrecht hat sich die Situation noch mehr verschlechtert. Rechtsanwalt Babak Fargahi, Filmhistorikerin Marcy Goldberg, Buket Bicer-Zimmermann, Schwester eines in die Türkei ausgeschafften Secondo, und Ständerat Paul Rechsteiner haben am 24. Mai 2021 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kosmopolitics über diese Missstände gesprochen. Hier kann das Video angesehen werden.

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